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Der talentierte Minister Faymann

Von Walter Hämmerle

Analysen

Werner Faymann ist eine bemerkenswerte Erscheinung in der Reihe der rot-schwarzen Regierungsmitglieder. Und das nicht nur, weil es ihm gelingt, so heikle Themen wie die Einführung der PKW-Maut oder die politische Umfärbung von Asfinag und ÖBB praktisch unbeschadet zu umschiffen.


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So ist der rote Minister für Verkehr, Innovation und Technologie neben Hans Winkler, dem so gut wie unbekannten ÖVP-Staatssekretär im Außenamt, so ziemlich der einzige in der ersten Reihe der großen Koalition, dem kaum ein negatives Wort über den Koalitionspartner über die Lippen kommt. Statt via Medien zu streiten gibt Faymann lieber den nüchternen Sachpolitiker mit gutem Draht zum Regierungspartner ÖVP.

Die Kunst des Ausgleichs beherrscht der 47-jährige Wiener perfekt: Das politische Handwerk hat er von der Pike auf gelernt, schon als Wiener Wohnbaustadtrat hat er den Ausgleich mit der ÖVP in den Jahren der Koalition 1996 bis 2001 perfekt vorgelebt - getreu dem Motto "leben und leben lassen". Anderen in der machtbewussten Wiener SPÖ fiel das Leben in einer ungewohnten Koalition merklich schwerer.

Zur Kunst des politischen Ausgleichs gesellt sich bei Faymann ein ausgeprägtes Netzwerktalent. Sein Draht zu Hans Dichand gilt mittlerweile als legendär, auch sonst kennt der smarte Minister dank seinem sonnigen Wesen und üppigen PR-Budgets kaum Gegner in der Medienlandschaft. Auch nach innen, in die Partei hinein, hat Faymann ausdauernd am Aufbau belastungsfähiger Beziehungen - das Wort Seilschaften klingt bei diesem Politiker seltsam antiquiert - gearbeitet. Quasi allzeit bereit zum Karrieresprung, wenn sich denn die Gelegenheit dazu bietet.

Dass der umgängliche Minister das Potenzial für höhere Weihen hätte, ist in der Bundeshauptstadt längst kein Geheimnis mehr. Wiener Bürgermeister würde er gerne werden, pfeifen seit Jahren die Spatzen von den Dächern. Doch da scheint Vizebürgermeisterin Renate Brauner im Moment die besseren Karten zu haben. Der Wiener SPÖ ist Faymann politisch zu pragmatisch, zu ehrgeizig, zu selbstbewusst und vielleicht auch unberechenbar. Bleibt der Kanzler-Job - aber auch hier sitzt seit dem Neustart der Koalition Alfred Gusenbauer wieder fester im Sattel.

Faymann hat Zeit - und die nötige Geduld. Auch zu unüberlegten Aktionen neigt er nicht. Das sorgt für eine niedrige Fehlerquote. Und wenn Entscheidungen doch unumgänglich werden wie jetzt beim Abschuss von ÖBB-Chef Huber, rätselt man, ob wirklich der Minister selbst die treibende Kraft hinter dem Manöver war. Gut möglich, dass früher oder später auch die Pkw-Maut kommen wird. Der Minister wird sie dann nicht gewollt haben - wie einst auch die Huber-Ablöse. Einfach weil beide unausweichlich geworden sind.