Der Islamische Staat soll nach dem Willen der Anti-IS-Militärallianz seine wichtigste Einnahmequelle - Ölschmuggel - verlieren.
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Washington/Wien. Zuerst kamen die Warnschüsse, dann wurden die Bomben ausgeklinkt. Bei einem US-Luftangriff auf einen Tanklastzug-Parkplatz im Nordosten von Syrien wollen die US-Luftstreitkräfte am Wochenende mehr als 238 Tank-Lkw, die bei einer vom selbsternannten "Islamischen Staat" (IS, auf Arabisch "Daesh" genannt) vernichtet haben. Die Warnschüsse sollen die Lkw-Fahrer dazu bringen, ihre Fahrzeuge zu verlassen und aus der Umgebung zu flüchten. Die Tanklaster waren in der Nähe der Behelfsraffinerie zwischen Hassakah und Deir al-Zour zum Auftanken bereitgestellt worden.
Erst vor wenigen Tagen waren bei einem US-Luftangriff 116 Öltanklastwagen zerstört worden, dieser Angriff war laut Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP in der Nähe der vom IS kontrollierten Stadt Albu Kamal geflogen worden.
Öl ist die wichtigste Einnahmequelle des IS, bis zu 500 Millionen US-Dollar Profit soll der IS aus dem Ölschmuggel erzielen. Seit einiger Zeit wird die Ölinfrastruktur in den vom IS gehaltenen Gebieten im Irak und Syrien (eine Fläche ungefähr so groß wie Österreich) gezielt von der Anti-IS-Koalition ins Fadenkreuz genommen.
"Operation Tidal Wave II"
In der von den USA "Operation Tidal Wave II" benannten Aktion werden die Fahrer der Öltanker, die in den allermeisten Fällen nichts mit dem IS zu tun haben, durch Flugblattabwürfe Zurücklassen ihrer Lastkraftwagen und zur Flucht aufgefordert oder gleich mit Warnschüssen in die Flucht geschlagen.
Der Name der Militäraktion ist eine historische Referenz: "Operation Tidal Wave" (deutsch: Flutwelle) zielte im August 1943 im Rahmen der Luftangriffe auf Ploiesti im Zweiten Weltkrieg auf die Zerstörung der Ölförderanlagen im damals vom Deutschen Reich kontrollierten Rumänien - Operation "Tidal Wave" ist übrigens aus heutiger Sicht als Fehlschlag für die Alliierten zu werten.
Diese Art der ökonomischen Kriegsführung wird nun von den US-Luftstreitkräften bereits seit einem Monat durchgeführt. Nach einem intensiv recherchierten Bericht der Nachrichtenagentur Reuters orientieren sich die Militärplaner bei ihrer Zielauswahl an der Bedeutung der Kapitalflüsse aus den jeweiligen Ölgeschäften und versuchen die für den IS profitabelsten Anlagen und Schmuggel-Lkw-Kolonnen zuerst auszuschalten.
Und obwohl der islamische Staat zumeist keinen Zugang zum internationalen Bankensystem hat, weil alle syrischen und irakischen Banken, die in IS-Gebieten liegen, vom Geldverkehr mit dem Rest der Welt abgeklemmt sind, soll es nach dem Reuters-Bericht den Geheimdiensten gelungen sein, sich ein Bild über Geldströme, die durch noch vorhandene Schlupflöcher führen, zu verschaffen.
Auch Russland hatte zuletzt Tanklastkraftwagen, die in von IS-kontrollierten Gebieten unterwegs sind, zur Zielscheibe gemacht. Erst vergangenen Mittwoch meldete das russische Verteidigungsministerium die Zerstörung von mehr als 500 Tanklastern.
Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Pentagon sollen die Einnahmen aus dem Ölschmuggel für den Islamischen Staat seit dem Beginn der Operation "Tidal Wave II" um rund 30 Prozent gesunken sein.