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Der Tanz um das goldene Kalb

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Bank-Werte stürzen am Freitag um zehn Prozent ab. | Volksbanken | drohen an Raiffeisen zu scheitern. | Erste Bank streitet mit Aufsicht.


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Wien. Österreichs Banken verwalten mehr als neun Millionen Girokonten und 24,5 Millionen Sparbücher. Angesichts der Zahlen kann es keinem Bürger egal sein, wie es den Banken geht und was sich dort abspielt. Am Freitag haben die heimischen Bankaktien einen schwarzen Tag erlebt. Erste Bank und Raiffeisen verloren in Tagesfrist zehn Prozent, das sind zusammen circa 1,5 Milliarden Euro.

Somit kann es keinem Bankkunden egal sein, wie gut seine jeweilige Bank mit Eigenkapital ausgestattet ist. So wie jede Bank die Bonität eines Kreditnehmers prüft, sollte - wer sein Geld zur Bank trägt - Interesse daran haben, wie es um die Bonität seines Geldinstitutes bestellt ist.

Das haben die Banken mittlerweile selbst begriffen, und dementsprechend harsch geht es hinter den Kulissen zu. Denn es geht dabei um Milliarden - sowie um Politik und Einfluss. Denn die heimischen Banken benötigen dringend mehr Eigenkapital, und aus diesem Grund gibt es auch ein großes Tauziehen um dieses Kapital. Die Bestimmungen kommen international daher, die Finanzkrise hat die Kapitalvorschriften deutlich verschärft. Bis 2019 sollen alle Banken mindestens sieben Prozent Kernkapital halten. Besonders wichtige Banken sogar mehr.

Keiner spielt mit offenen Karten

Da Erste, Raiffeisen und Bank Austria in Osteuropa wesentliche Marktanteile halten, sollten sie sogar deutlich darüber liegen. Inoffiziell ist zu hören, dass die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht einen Kapitalaufschlag von mindestens 1,5 Prozent fordern. Ebenso inoffiziell wird dies von den betroffenen Banken abgelehnt. Niemand spielt derzeit mit offenen Karten, die neuen Bestimmungen sollen aber noch im Herbst öffentlich werden. Dazu gehört auch, dass die internationalen Vorschriften in Österreich ein Jahr früher in Kraft treten - also 2018.

Damit ist der Kampf um die Milliarden eröffnet; umso mehr, als Erste Bank und Raiffeisen ja staatliche Hilfe in der Bilanz haben. Die Erste Bank will nun - ihr Chef Andreas Treichl hat dies angekündigt - die Staatshilfe vorzeitig rückzahlen. Das Sparkassen-Leitinstitut allerdings unterschätzt die neuen Kapitalvorschriften. Die kompletten Kapitalhilfen herausgerechnet, hält die Erste-Gruppe derzeit bei 7,2 Prozent Kernkapital (in der produzierenden Industrie liegt das Eigenkapital im Durchschnitt bei etwa 30 Prozent). Mit dem Osteuropa-Zuschlag käme die Erste auf mindestens 8,5 Prozent. In der jetzigen Börse-Phase wären natürlich Kapitalerhöhungen verrückt, weil die Kurse so niedrig sind.

Bei der Erste Bank stehen die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht auf der Bremse. Die Aufsicht ist nicht überzeugt, ob eine vorzeitige Rückzahlung des Staatskapitals eine gute Idee ist. Sie will exakte Informationen über die Auswirkungen der Rückzahlung, eine Antwort steht noch aus. Ohne diese Antwort werden allerdings Finanzministerium und Bundeskanzleramt - mit dem Einvernehmen darüber hergestellt werden muss - der vorzeitigen Rückzahlung nicht zustimmen.

Etwas pragmatischer geht es der mit 30 Prozent marktführende Raiffeisensektor an. Dort ist man gleich an zwei Fronten beschäftigt. Zum einen will die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) ihren 5,3-prozentigen Anteil an der RZB an Raiffeisen zurückverkaufen. Die Volksbanken benötigen das Kapital dringend, um ihre Staatshilfe zu bedienen. "Wir sind nicht dazu da, um die Volksbanken zu retten", sagte Ludwig Scharinger, Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Vize-Aufsichtsratschef der RZB. "Mir ist diese Ansicht nicht neu, ich kenne sie", lässt der Aufsichtsratspräsident Christian Konrad der "Wiener Zeitung" ausrichten. Immerhin hatte er vor wenigen Tagen angekündigt, den ÖVAG-Anteil an Raiffeisen (Wert: circa 500 Millionen Euro) "im Land" halten zu wollen. Das muss also nicht zwangsläufig Raiffeisen sein. Denkbar ist auch, dass die Volksbanken ihre stillen Reserven offenlegen und damit ihr Spitzeninstitut vor einer Verstaatlichung retten. Dann bliebe der Raiffeisenanteil bei den Volksbanken.

Bank Austriaderzeit außen vor

Bei dem Ganzen derzeit außen vor: die Bank Austria, die im Eigentum der italienischen Großbank Unicredit steht. Auch sie müsste den Osteuropa-Kapitalaufschlag der Nationalbank darstellen. Auch sie ist, ebenso inoffiziell, strikt dagegen. Am Ende des Tages wird aber - so Notenbanker - wohl nichts anderes übrig bleiben. "Es gibt natürlich in Österreich Diskussionen darüber, und Banker jeglicher Couleur versuchen es zu verhindern. Aber das ist keine österreichische Entscheidung." Schon in Ungarn endet sie...