Vor der Landtagswahl diskutiert Salzburg wieder einmal den Bau einer Stromleitung - diesmal mit vertauschten Rollen.
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Salzburg. Nicht zum ersten Mal vor einer Wahl ist der geplante Lückenschluss im österreichischen 380-kV-Stromleitungsnetz in Salzburg ein großes Thema. So auch vor der Landtagswahl am 22. April. Die Rollenverteilung in der Diskussion hat sich aber verändert, seit der Bau der rund 113 Kilometer langen Stromleitung vom nördlichen Flachgau nach Kaprun in den Süden des Landes diskutiert wird.
Dabei geht es längst nicht mehr um die Frage nach dem Für und Wider der Leitung. E-Wirtschaft, Wirtschaftskammer und Industrie drängen seit 15 Jahren unter Verweis auf die Versorgungssicherheit auf den Bau der Leitung. "Wir benötigen die Leitung ganz dringend, um kritische Situationen in Österreich zu verhindern", sagte Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Chefin des Leitungsnetzbetreibers APG, erst Ende Jänner.
In Salzburg dreht sich die Diskussion kurz vor der Wahl vor allem um die Frage, wie die 380-kV-Leitung am besten doch noch verhindert werden kann, zumindest auf der aktuellen Trasse. Als geeigneten Ansatzpunkt haben die Parteien dazu den Nockstein, einen markanten Felsgipfel nahe der Stadt Salzburg, ausgemacht, in dessen unmittelbarer Umgebung die Leitung vorbeiführen soll. Die SPÖ als Oppositions- und die Grünen als Regierungspartei lieferten sich dazu in den vergangenen Wochen einen Schlagabtausch. In der letzten Landtagssitzung vor der Wahl wurde ein SPÖ-Antrag für einen geschützten Landschaftsteil am Nockstein abgelehnt.
Rollentausch bei Rot und Grün
Aktuell prüft die Landesregierung auf Initiative des Landesumweltanwalts, den Nockstein als Natura-2000-Gebiet auszuweisen. Ob ein solches Gebiet die Leitung verhindern könnte, ist juristisch umstritten. Deshalb wollte die SPÖ einen geschützten Landschaftsteil, die Landesregierung lehnte das unter Verweis auf rechtliche Bedenken ab.
Eine unterirdische Leitung mit Erdkabel war für die Landespolitiker seit Anbeginn der Diskussion die favorisierte Lösung. Die APG lehnt eine Verkabelung unter Verweis auf die um ein Vielfaches höheren Kosten und aufgrund technischer Bedenken ab. Zahlreiche einander widersprechende Gutachten haben beide Seiten zu diesem Thema bereits vorgelegt.
Auf politischer Ebene haben SPÖ und Grüne in dieser Debatte schon einen weiten Weg hinter sich. Die grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler sprach sich vor der Wahl 2013 deutlich gegen eine 380-kV-Freileitung aus und bezeichnete ein Erdkabel als Koalitionsbedingung. Zweieinhalb Jahre später musste sie als Landesrätin nach der Umweltverträglichkeitsprüfung dann doch einen positiven Bescheid für die Freileitung ausstellen. Vor ihrem Regierungseintritt bekämpften die Grünen die Freileitung am heftigsten. Nach fünf Jahren in der Regierung haben sie die Notwendigkeit der Leitung inzwischen akzeptiert. In der letzten Landtagssitzung vor der Wahl sagte Rössler nun im zuständigen Ausschuss: "Das war auch ein Lernprozess für uns Grüne, aber eine Energiewende, ohne die Bedeutung des Stroms aufzuwerten, wird nicht gehen."
Mittlerweile liegt das Projekt der Freileitung nach einer Berufungsverhandlung beim Bundesverwaltungsgericht. Eine Entscheidung in der Causa soll in den kommenden Monaten fallen.
Die SPÖ sprach sich als Regierungspartei immer klar für die 380-kV-Leitung aus, wollte aber eine Teilverkabelung erreichen. Schon 2011 sah die damalige Landeshauptfrau Gabi Burgstaller aber schon keine Chance mehr für diese Variante. Ihre Nachfolger sehen das nun in der Oppositionsrolle wieder anders. Im Dezember beantragte die SPÖ im Landtag den geschützten Landschaftsteil, um doch wieder ein Erdkabel zu ermöglichen.
Die FPÖ blieb ihrer Linie treu
Die FPÖ ist ihrer Linie auch nach dem Generationswechsel von Karl Schnell zu Marlene Svazek treu geblieben. Schnell fordert schon lange eine Erdverkabelung, die FPÖ tut dies nun auch unter Svazek. Die ÖVP - als einzige Partei durchgehend in der Landesregierung vertrteten - forderte auch stets eine Teilverkabelung der Leitung, akzeptierte aber wie der grüne Koalitionspartner den Bescheid der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Freileitung.
Wie auch immer die kommende Salzburger Landesregierung aussehen wird, sie wird bald mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts konfrontiert sein. Und dieses Urteil könnte für das Land eine Großbaustelle bedeuten - tatsächlich wie politisch.