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Der Tatra-Tiger könnte nächstes Jahr wieder zu Kräften kommen

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Wirtschaft

Finanzminister erwartet 2010 BIP-Wachstum von 1,1 Prozent. | Steuererhöhungen nicht ausgeschlossen. | Pressburg. Der zwischenzeitlich stark angezählte Tatra-Tiger Slowakei scheint allmählich wieder zu Kräften zu kommen. Zwar ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2009 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres immer noch um 5,3 Prozent zurückgegangen. Vergleicht man jedoch das zweite Jahresviertel 2009 mit den ersten drei Monaten des heurigen Jahres, so ergibt sich ein BIP-Zuwachs von 2,2 Prozent.


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Auch auf dem Arbeitsmarkt ist die Krise mit einer Rate von 4,69 Prozent im August im Jahresvergleich noch lange nicht ausgestanden - im Vergleich zum Vormonat Juli blieb die Arbeitslosenquote jedoch wenigstens stabil bei knapp über 12 Prozent.

Das Finanzministerium rechnet für 2010 mit einem BIP-Zuwachs von 1,1 Prozent, Bankanalysten sogar mit einem Plus von 2 Prozent. Finanzminister Jan Pociatek zufolge wird es "keine superschnelle" Konjunkturbelebung geben.

Heftiger Exporteinbruch

Dennoch habe die Slowakei das Potenzial, zu dem Konjunkturaufschwung wie vor der Wirtschaftskrise zurückzukehren. 2008 erzielte das Nachbarland noch ein respektables BIP-Plus von 6,4 Prozent. Doch neuerliches Wachstum hat seinen Preis: Der Wirtschaftsmotor wurde nämlich zwischen Anfang April und Ende Juni vor allem mit staatlichen Geldern zum Laufen gebracht, indem der Verbrauch der öffentlichen Verwaltung um 3,7 Prozent anzog.

Die Exporte brachen hingegen im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 23 Prozent ein.

Finanzminister Pociatek ordnete vor kurzem die Einstellung von Sparmaßnahmen an, die wegen der Krise für die öffentliche Verwaltung verfügt worden waren. Er begründet das damit, dass die Verwaltung mit ihrer Nachfrage derzeit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der slowakischen Wirtschaft leiste.

Defizit auf Rekordwert

Die Abkehr vom bisherigen Sparkurs trägt jedoch auch dazu bei, dass der Staatshaushalt immer mehr aus dem Ruder läuft. Das Haushaltsdefizit liegt laut Pociateks Schätzungen zurzeit bei 6,3 Prozent. Das ist der schlechteste Wert seit 2002.

Die Bekämpfung des Defizits will der Finanzminister ab dem kommenden Jahr angehen, bis 2012 soll das Haushaltsdefizit unter drei Prozent gedrückt werden. Kritiker wenden ein, dass Defizite nach den EU-Vorgaben innerhalb von zwei Jahren wieder ausgeglichen sein müssen.

Da im kommenden Jahr Parlamentswahlen anstehen, scheint es aber wahrscheinlich, dass sich die Slowakei zunächst weiter verschulden wird. Nach bisherigen Schätzungen wird der Anteil der Schulden am slowakischen Haushalt bis Ende des Jahres auf 39 Prozent steigen. Ende 2008 waren es noch 28 Prozent.

Für die Zeit nach den Wahlen rechnen Analysten mit deutlichen Steuererhöhungen. Auch die Möglichkeit weiterer Privatisierungen wird ins Spiel gebracht: Einer der ersten Kandidaten wäre wohl der Flughafen in Pressburg. Dieser stand bereits einmal kurz vor der Privatisierung: Ein Konsortium rund um den Wiener Flughafen hatte 2006 bereits Kaufverträge unterzeichnet. Kurz darauf ließ die neugewählte Regierung Fico den Verkauf stoppen.