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Der gemeinsame Wille, Werte zu verteidigen, gepaart mit Weitsicht, kann ein erster Schritt bei der Terrorbekämpfung sein.
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Die jüngsten Terroranschläge vom 13. November in der französischen Hauptstadt Paris sind eine Kriegserklärung an alle in Europa. Sie betreffen unsere Werte und unsere Freiheit, ja auch unser Leben. Zurück bleiben Verzweiflung, Trauer, Wut, Angst, Bestürzung, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen und vor allem Hilflosigkeit. Kann es sein, dass wir seit mehr als zwei Jahren den Schergen des Islamischen Staates im Nahen Osten auf die Finger schauen und nichts dagegen unternehmen, wie sie Kulturgüter und -zentren zerstören, Massenhinrichtungen "im Namen Allahs" durchführen, Frauen versklaven und die Bevölkerung massakrieren?
Ja, wir Europäer, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren keinen großen Krieg mehr erlebt haben und allgemein wohl zu verwöhnt waren, wurden mit den rücksichtslosen und feigen Anschlägen in Paris eines Besseren belehrt. Das Begriffspaar Krieg und Terror schließt sich keinesfalls mehr aus; im Gegenteil: Es ergänzt sich und ist nun brutal und erbarmungslos in Europa angekommen. Nicht nur mehr der Nahe Osten ist der Schauplatz blutrünstiger Gewalt, die über unsere Bildschirme flackert, sondern auch die Welt vor unserer Haustüre ist davon betroffen. Was kann man dagegen tun?
Die schier unendlich große Solidaritätswelle, die Frankreich in diesen Tagen erfährt, darf nicht geheuchelt sein. Die Botschaft, dass der Terror nun überall und allerorts zuschlagen kann, ist eine Warnung, die man ernster denn je nehmen muss. Dabei darf man Art. 42 Abs. 7 des Vertrages über die Europäische Union und den Art. 222 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Abs. 1 und 2 nicht verwechseln. Im ersten Artikel erhielt die Europäische Union erstmals den Charakter eines Defensivbündnisses, das heißt, dass alle anderen im Fall eines bewaffneten Angriffs auf einen der Mitgliedstaaten ihm "alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung" zukommen lassen müssen.
Beim zweiten Artikel handeln die Union und ihre Mitgliedstaaten gemeinsam im Sinne der Solidarität, wenn ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag betroffen ist. Dazu zählt neben dem Schutz der demokratischen Institutionen und der Zivilbevölkerung vor etwaigen Terroranschlägen auch die Unterstützung auf Ersuchen eines Mitgliedstaates innerhalb seines Hoheitsgebiets. Es gilt nun für alle, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, um den IS-Schergen klar aufzuzeigen, dass ihr Weg nicht mehr von Erfolg gekrönt sein darf. Um erfolgreich zu sein, muss man das oft feindselige Eis brechen und Wladimir Putins Russland mit in den Kampf gegen den Terror einbeziehen.
Ferner gehören auch die Aufklärung und die Trockenlegung der Finanzierungs- und Kommunikationskanäle der Terroristen dazu. Dann kann man den barbarischen Attentätern das Handwerk legen. Der gemeinsame Wille, Werte zu verteidigen, gepaart mit Weitsicht, kann ein erster Schritt sein. Populistische Sonntagsreden werden hingegen nicht zielführend sein, sondern eher das Gegenteil bewirken. In einem solchen Falle würden die mehr als 130 Todesopfer der Attentate von Paris mit Sicherheit nicht die letzten IS-Opfer in Europa sein.