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Der tiefe Fall des Prince Charming

Von Christina Böck

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Sie wollten keinen österreichischen Musikbeitrag, die ignoranten Brautleute. Dabei hätte sich ein Klassiker des heimischen Mittelniveau-Pops angeboten: der "Märchenprinz" der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Wobei womöglich die Zeile "Mit meinem Nobelhobel glüh ich auf der Autostrada" bei der familiären Vorgeschichte ihn für die Hochzeitsgesellschaft sowieso disqualifiziert hätte.


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Märchenprinzen abseits von Discostadl und Vogerltanz haben kulturgeschichtlich schon einiges hinter sich gebracht. Einmal abgesehen von Küssen für eh meist komatöse Prinzessinnen, die einen im Ernstfall dann noch halbverdaute Äpfel in die Visage spucken. Das Image des "Prince Charming" ist schon länger nicht mehr das strahlendste. Die Rockband Adam and the Ants empfahl ihm schon 1981, doch das Beste draus zu machen: "Lächerlichkeit ist nichts, wovor man sich fürchten müsste", heißt es da. Die schönste Perversion des Märchenprinzen sah man im Trickfilm "Shrek": grün und rülpsend. Konsequent. Er hat es ja auch nicht leicht: Frauen wollen sich heute nicht einmal mehr in den Mantel helfen lassen, geschweige denn eine Jungfer in Not sein. In diesem Lichte ist es eine treffliche Ironie, dass der Märchenprinz ausgerechnet im gutsortierten Küchenfachhandel wieder auftaucht. Als Schriftzug auf einem Frühstücksbrettl und als letztlich ungeduldige Frage: "Wo bleibt eigentlich der Prinz mit seinem Scheißgaul?"