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Der Tod der Chronisten

Von Rainer Mayerhofer

Politik

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"Die Wahrheit zählt in der Kriegsberichterstattung immer zu den ersten Gefallenen" wurde vor knapp zwei Wochen an dieser Stelle festgehalten. Seither sind elf jener Journalisten und Kameraleute, die der Welt einen - durch Kriegszensur beschränkten - Ausschnitt aus der täglichen Kriegswahrheit im Irak vermittelten, in Ausübung ihres Berufes bei Unfällen oder Angriffen getötet worden, fünf davon allein am Montag und Dienstag.

Die US-Kriegsmaschinerie in Bagdad geht offensichtlich äußerst rücksichtslos vor. Das wurde bereits deutlich als Bomben und Raketen in Wohngebieten einschlugen, Krankenhäuser trafen und auf Märkten explodierten. Die Granaten, die Dienstag das Hotel Palästina trafen und dort zwei Kameraleute töteten und weitere verletzten und die Rakete, die im Büro von Al Jazeera einen Kameramann das Leben kostete, werden von den US-Militärs wahrscheinlich auch unter dem zynischen Begriff "Kollateralschaden" abgetan werden, wie die Angriffe auf eigene Militärs und Verbündete, die in den letzten Wochen zahlreiche Opfer gefordert haben. Von amerikanischer Seite wird behauptet, man habe einen Heckenschützen auf dem Dach des Journalistenhotels "Palästina" ausschalten wollen. Von vielen renommierten Journalisten in Bagdad wird diese Darstellung zurückgewiesen. Die Wahrheit scheint auch hier wieder auf der Strecke zu bleiben - gemeinsam mit einigen Kollegen, die Chronisten dieses mörderischen Krieges waren.