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Der Trafikant als Amazon-Schreck

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Zigaretten und Zeitschriften sind nur zwei von vielen Einnahmequellen von Trafikanten.
© © www.bilderbox.com

Morawa ermöglicht neuerdings die Bestellung von Büchern in Trafiken.


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Wien. "Eine Packung Zigaretten, einen Lottoschein und das neue Buch von Daniel Glattauer, bitte." Diese Bestellung kann ab sofort in der Trafik abgegeben werden: Denn seit vergangener Woche können Trafikanten über den Wiener Buch- und Zeitschriftenvertrieb Morawa, der selbst Buchhandlungen betreibt, Bücher ordern. Bestellungen bis zu Mittag werden am übernächsten Tag geliefert, erklärt Andreas Schiefer vom Bundesgremium der Tabaktrafikanten in der Wirtschaftskammer Österreich. Anbieten kann das Service jeder Trafikant mit Internetzugang.

Im Normalfall sollte der Kunde wissen, welches Buch er kaufen möchte. Sonst könne der Trafikant gemeinsam mit dem Kunden Lesestoff aussuchen - oder ihm einen Titel empfehlen. "Schließlich kennen wir unsere Kunden gut, denn viele kommen zweimal die Woche oder sogar täglich", sagt Schiefer. Nicht nur Bücher, auch Spiele, DVDs und CD-ROMs können bestellt werden.

"Für die Trafikanten rechnet es sich", sagt Schiefer, der selbst eine Trafik in der Großfeldsiedlung im 21. Wiener Gemeindebezirk führt. Die Handelsspanne bei Büchern liege weitaus höher als bei Lotto, Zigaretten und Fahrscheinen.

Morawa-Geschäftsführer Emmerich Selch sieht die Kooperation mit Trafikanten als Ergänzung zu Buchhandlungen: "Es gibt im Buchhandel weiße Flecken in Österreich, vor allem am Land." Die Buchbestellung in Trafiken solle Kunden davon abhalten, ins Internet - Stichwort Amazon - abzuwandern, wenn sie keine Buchhandlung in der Nähe haben. Derzeit würden die Außendienst-Mitarbeiter die Trafiken aufsuchen, um über das Zusatzservice zu informieren.

Kartenverkauf läuft nach Startschwierigkeiten gut

"Das Zusatzgeschäft wird immer wichtiger", sagt Trafikant Schiefer. Neben der Buchbestellung sind manche Trafiken, vor allem am Land, Postpartner. Zwar sei mit Postdienstleistungen nicht sehr viel zu verdienen, aber wie andere Zusatzgeschäfte bringen sie zusätzliche Kundenfrequenz. Andere Trafikanten bieten Briefmarken, Süßigkeiten und - im begrenzten Ausmaß - gekühlte Getränke an. "Red Bull ist der Renner", so Schiefer.

Das Zusatzgeschäft der Trafikanten ist von der Monopolverwaltung (MVG) geregelt. Bücher dürfen beispielsweise schon seit langem verkauft werden, allerdings dürfen maximal zehn Bücher ausgestellt werden, erklärt Schiefer. "Der Charakter einer Tabaktrafik muss gewahrt bleiben."

Einen schwierigen Start hatte der Kartenverkauf für Veranstaltungen von Konzerten bis Skirennen oder von Kasino-Gutscheinen vor zehn Jahren. "Wir hatten zwar große Anlaufschwierigkeiten, machen aber mittlerweile gewaltige Umsätze", sagt Schiefer, der auch Geschäftsführer des Netzwerks Trafikplus ist, über das der Kartenverkauf koordiniert wird. 16,5 Millionen Euro wurden 2011 mit dem Kartenverkauf in Trafiken umgesetzt. 700 Trafiken von den derzeit 2790 Tabakfachgeschäften und 4350 Tabakverkaufstellen in Österreich bieten das Service an.

"Der Trafikant ist als Verkäufer gefordert, um seine Zusatzservices zu vermarkten. Wir müssen vermitteln, was der Kunde alles bei uns bekommt", sagt Schiefer.