Vietnam: Ein Drittel des BIP in staatlichen Firmen. | Weltweit größter Pfeffer-Exporteur. | Wien/Hanoi. Gestern, Montag, traf Vietnams Staatspräsident Nguyen Minh Triet zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Wien ein. Beim Treffen mit Bundespräsident Heinz Fischer und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer geht es hauptsächlich um Wirtschaftsthemen. Mit acht Prozent Wirtschaftswachstum ist das sozialistische Land einer der dynamischsten Märkte der Welt. Internationale Investoren stehen Schlange: Es locken Löhne, die noch niedriger sind als in China, eine gute Infrastruktur und das Fehlen von Umwelt-standards. Vietnamesische Fabriken versorgen Österreich hauptsächlich mit Schuhen und Billigsttextilien.
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Fußball als Türöffner
Wenn man dem Staatsgast nachsagt, er käme von dort, wo der Pfeffer wächst, ist das wörtlich zu nehmen: Vietnam ist der größte Pfefferexporteur der Welt. Bei den Ausfuhren an Reis und Kaffee steht das 84 Millionen Einwohner zählende Land auf Platz zwei in der Welt. Österreichische Unternehmen haben Vietnam mit Feuerwehrfahrzeugen ausgerüstet und im Spital- und Eisenbahnsektor investiert.
Dass man den Namen Österreich im Land am Mekong buchstabieren kann, ist aber einem Mann zu verdanken, der über viele Jahre am Mekong populärer war als der recht farblose Präsident: Alfred Riedl. Der langjährige Teamchef von Vietnams Nationalelf hatte das fußballbegeisterte Land letzten Sommer bis in das Viertelfinale des Asiencups gebracht und wurde als Nationalheld gefeiert. Als der nierenkranke Couch ein Spenderorgan brauchte, boten sich zahlreiche Fußballfans an, darunter sogar buddhistische Mönche.
Im Dezember trat Riedl allerdings nach einer Niederlage gegen Außenseiter Burma zurück.
Damit sich Unternehmen aus beiden Staaten kennenlernen, veranstaltet die Wirtschaftskammer heute, Dienstag, in Wien das Österreichisch-Vietnamesische Wirtschaftsforum. Eröffnen werden es beide Präsidenten. Für vietnamesische Firmen hat diese präsidiale Weihe mehr als nur symbolische Bedeutung: Gut ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes wird in staatlichen Firmen erarbeitet. Da erwartet man auch von Investoren aus anderen Staaten, dass sie zu Verhandlungen hochrangige Politiker als Türöffner mitbringen.
Politisch ist Vietnam ein Einparteienstaat. Die Kommunistische Partei ist einzige legale Partei im Land. Fortschritte werden dem Mekong-Staat bei der Gewährung der Religionsfreiheit bescheinigt. Hingegen wurden 2007 gut ein Dutzend Bürgerrechtler in nicht rechtsstaatlichen Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten freie Wahlen, eine unabhängige Justiz und die Zulassung alternativer Parteien gefordert und berufen sich dabei auf die Französische Revolution von 1789. Die Mehrheit der Vietnamesen ist jedoch wegen des rasanten Wirtschaftsaufschwungs recht zufrieden oder politisch völlig uninteressiert. Die Inflation, die das Land seit Jahresbeginn mit einer Rate von 22 Prozent heimsucht, führte allerdings zu zahlreichen Streiks um höhere Löhne.
Fischer wird mit seinem Gast auch über die UNO reden, zumal sich Österreich um einen nicht ständigen Sitz im Sicherheitsrat bewirbt. Vietnam hat seit Jahresbeginn so einen Sitz inne. Ob Wiens Politiker die Einhaltung der Menschenrechte anmahnen, bleibt abzuwarten. **
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