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Immer mehr Frauen sind selbständig. Was dazu nötig ist, erzählen drei erfolgreiche Gründerinnen.
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Wien. Seit 2008 steigt der Frauenanteil bei Unternehmensgründungen. Im vergangenen Halbjahr wurden 44,5 Prozent der neuen Unternehmen von Frauen gegründet. Als primäres Motiv für den Schritt in die Selbständigkeit nennen Gründerinnen die flexible Gestaltung von Arbeits- und Lebenszeit. Aber wie gestalten sich die Arbeitszeiten in der Realität? Wie hart ist die Gründungsphase? Diese und weiteren Fragen hat die "Wiener Zeitung" drei Gründerinnen gestellt. Sie sprechen über das Pro und Kontra des Gründens und erzählen ihre Erfolgsgeschichte.
Isabel Zinnagl (37), Gründerin von Alma Babycare und Salon Mama. "Warum tust du dir das an? Jetzt hast du gerade ein Kind bekommen, bist in Karenz. Jetzt könntest du dich ausruhen, das Jahr genießen und dann in deinen sicheren Angestellten-Job zurückkehren", haben viele gesagt als Isabel Zinnagl beschloss, eine Firma zu gründen. Zinnagl kommt aus einer Unternehmerfamilie und hat die Vor- und Nachteile des Selbständig-Seins bereits im Kleinkindalter mitbekommen. Ihr Ziel war es immer, in der Film- und Fernsehbranche zu arbeiten. In der Filmproduktion angekommen, hat Zinnagl von Anfang an sehr autonom gearbeitet, fast so als wäre es ihre Firma. Darum hat die zweifache Mutter auch nie den Drang verspürt, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Erst als ihr Ehemann nach der Geburt des ersten Kindes Alma fragte, ob Zinnagl nicht selbst etwas machen wolle, kam der Stein ins Rollen. "Da habe ich ein Need empfunden, ein neues Produkt zu entwickeln", meint die Unternehmerin. Die daraus entstandene Babypflegelinie besteht bis dato aus Babyöl, Bodyspray, Babybalsam und Babyshampoo und hebt sich von den stereotypen Farbzuweisungen - Rosa für Mädchen und Blau für Buben - ab.
Eine finanzielle Unterstützung erhielt sie von ihrem Ehemann, ihrem Bruder und der Schwiegermutter. Ohne dem Rückhalt ihrer Familie hätte Zinnagl ebenfalls ihre Firma gegründet, "nur hätte es ein wenig länger gedauert", sagt sie. Ein paar Jahre nach der Gründung sieht Zinnagl sehr viele Vorteile in der zeitlichen Flexibilität. Sie kommt abends nicht erst um 18.30 Uhr aus dem Büro. "Was natürlich toll ist, wenn die Kinder noch so klein sind." Es war aber nicht immer so. Es gab eine Phase, in der Zinnagl drei Jobs gleichzeitig hatte. Ihre Chefposition bei Alma, ihren Blog "Salon Mama" und 30 Stunden pro Woche in der Filmproduktion - zusätzlich zum ersten Baby. Erst mit der zweiten Schwangerschaft schaffte es Zinnagl, den Job beim Film ad acta zu legen und sich auf die Pflegeprodukte für Babys zu fokussieren. "Ich fühle mich erst jetzt als richtige Gründerin, weil ich erst jetzt etwas zu verlieren habe."Der Schritt aus der sicheren Anstellung in die Seltständigkeit war für Zinnagl ein großer. Potenziellen Gründerinnen rät sie: einfach machen. Und nicht zu viel darüber reden, diszipliniert sein und kontinuierlich daran arbeiten.
Johanna Boch (36), Gründerin von Heroes and Heroines. Johanna Boch hat immer etwas Eigenes gewollt. Mit ihrer Heldengang, wie sie die Mitarbeiter ihrer PR-Agentur gerne bezeichnet, hat Boch bereits Kunden wie Gucci, Grey Goose, Falke oder Red Bull Music an Land gezogen. Ihren Job in einer klassischen PR-Agentur hat sie erst an den Nagel gehängt, als sie den ersten Kunden unter Vertrag hatte. "Ich wollte nicht das Risiko eingehen, zu kündigen und zu schauen, ob eventuell jemand kommt."
Zeitliche Flexibilität alseiner der vielen Vorteile
Mit einem Büro im 7. Bezirk und einer Dependance in Berlin ist die PR-Agentur Heroes and Heroines seit der Gründung 2012 stark gewachsen. "Ich bin sehr zufrieden, mit dem, was ich gemacht habe und wie ich es gemacht habe", antwortet Boch auf die Frage, ob sie Entscheidungen bereue. "Es fällt mir oft schwer, es zu sagen, aber ich bin stolz auf mich."
Boch arbeitet von Anfang an sehr viel. Alles unter einen Hut zu bekommen ist aber oft schwer. Da braucht es verständnisvolle Freunde und einen unterstützenden Partner. "Wenn man wirklich gute Freunde hat, ist das egal, wie oft man sich sieht oder nicht. Es ist zwar unangenehm abzusagen, aber sie fragen mich - Gott sei Dank - nach wie vor, ob wir etwas unternehmen wollen."
Die zeitliche Flexibilität sieht Boch auch als einen der vielen Vorteile der Selbständigkeit. Aufträge erfüllt sie idealerweise nicht zur Deadline, sondern klar vorher. In einen normalen Job möchte Boch eher nicht mehr zurückkehren, und wenn, dann nur aus eigener Entscheidung heraus und nicht, weil die Agentur scheitert. "Wenn es nicht funktioniert, heißt das, dass meine persönliche Leistung nicht gereicht hätte, mit dem hätte ich dann zu kämpfen", meint die gebürtige Vorarlbergerin. Ihre Heldengang hält klar zusammen. Das ist für Boch auch von großer Bedeutung. "Das Wichtigste ist das Miteinander und sich nicht anzufeinden. Ich glaube, das ist in der Branche momentan noch ein sehr großes Problem."
Stefanie Kukla (34), Gründerin von Madame Kukla. Die gebürtige Mostviertlerin ist spontan. Sie kleidet sich so, wie sie sich fühlt. Ihr selbst entworfenes Kleidungsstück bietet unzählige Trage-Möglichkeiten. Ob als Rock, Kleid, Schal oder Weste, "Kukla" passt sich dem Lebensstil der 34-Jährigen an - und seit der Firmengründung 2015 auch jenem einiger anderer Frauen.
Stefanie Kukla hat zuletzt bei der Austria Presseagentur gearbeitet, im Finanzministerium, in einem Start-up - und vor allem immer gerne in Teams. Trotzdem vermisst sie diese Welt heute nicht. "Die Vorteile, die mein Leben jetzt hat, überwiegen zu 100 Prozent." Der Schritt in die Selbständigkeit war allerdings nie geplant. Erst an ihrem 30. Geburtstag, als ein befreundeter Unternehmer meinte, der "Kukla-Prototyp" wäre perfekt für den Online-Handel, kamen erste Überlegungen für die Selbständigkeit auf. "Ich habe mir damals gedacht, das ist ein totaler Irrsinn. Ich komme nicht aus der Modebranche, ich komme nicht aus der Textilbranche. Ich habe keine Ahnung, ich bin kein Fashion Victim. Das ist ein Schuss ins Knie, das kann nicht funktionieren."
In der GründungsphaseTag und Nacht gearbeitet
Als Kukla ein paar Monate später gefragt wurde, ob sie sich denn nicht traue, mit dem Kleidungsstück ein Unternehmen zu gründen, wurde in ihr ein schlafender Hund geweckt und sie hat realisiert, dass es Mut braucht. "Mut, seinen Brotjob aufzugeben, sich in neue Gefilde zu wagen, und von einem Teamplayer zur One-Man-Show zu werden, allein im stillen Kämmerchen zu recherchieren und auf Events zu gehen". In der Gründungsphase hat Kukla Tag und Nacht gearbeitet. Sie hat auf ein riesiges Backpapier mit Unterteilungen Post-its mit Fragen geklebt, um so einen Überblick zu bewahren und Fortschritte zu erkennen. "Das habe ich gemacht, zwölf Stunden am Tag, von Montag bis Sonntag."
So ein hohes Arbeitspensum schafft sie heute nicht mehr. Ab 18 Uhr und am Wochenende nimmt sich die erfolgreiche Unternehmerin frei. "Ich brauche diese Regenerationszeit, damit ich dann von Montag bis Freitag Vollgas mit Kreativität und Freude dabei sein kann."
Wärmstens empfehlen kann Stefanie Kukla vor allem zwei Dinge. Erfahrungen sammeln im Vertrieb: "Da lernt man so viel über Menschen und wie es funktioniert oder nicht funktioniert", und das Unternehmensgründungsprogramm des Arbeitsmarktservices, bei dem sämtliche Fixkosten gedeckt wurden und sie sich nicht fürchten musste, diese nicht bezahlen zu können.