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Der Traum vom verlorenen Paradies

Von Sara Lemel

Politik

Ehemalige Gaza-Siedler hadern mit ihrem Schicksal. | Nitzan. (dpa) Fünf Jahre nach der Zwangsräumung der israelischen Siedlungen im palästinensischen Gazastreifen haben viele der etwa 9000 Betroffenen immer noch keine permanente neue Bleibe. Viele ehemalige Siedler sehnen sich zurück nach Gush Katif, in das "verlorene Paradies". Von weitem sieht die Ortschaft Nitzan den vor fünf Jahren geräumten israelischen Siedlungen im Gazastreifen zum Verwechseln ähnlich. Eigentlich wurden die hier lebenden Ex-Siedler nach der Zwangsräumung im Sommer 2005 nur gut 20 Kilometer weiter nach Norden verpflanzt. Doch für viele der etwa 3500 Einwohner von Nitzan ist es immer noch keine neue Heimat.


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Etwa 9000 Menschen - gut 1900 Familien - mussten Mitte August 2005 die Ortschaften verlassen, die Israel nach der Eroberung des Gazastreifens während des Sechstagekriegs 1967 gebaut hatte. Viele Palästinenser, mehrheitlich Flüchtlinge, hatten die Siedler, die sie als unerwünschten Fremdkörper und verhasste Repräsentanten der israelischen Besatzungsmacht sahen, bis aufs Blut bekämpft. Die Siedlungen ähnelten zuletzt Militärposten, die mit Stacheldraht umzäunt und ständig bewacht waren. Dennoch empfanden viele der Siedler die Zwangsräumung als "Vertreibung aus dem Paradies".

"Ich hasse es hier", sagt die 69-jährige Rachel Saperstein. "Es ist wie im Slum", erklärt die resolute Dame, obwohl ihr Mobilheim mit dem grünen Vorgarten eigentlich recht schmuck aussieht. Die in Brooklyn geborene Saperstein lebte in Neve Dekalim, der damals größten der 21 Siedlungen im Gazastreifen. Viele der Siedler konnten sich damals weitläufige Anwesen leisten, die im israelischen Kernland unerschwinglich gewesen wären.

Fünf Jahre nach der Räumung hätten nur 200 der Familien permanente neue Häuser, sagt Laurence Beziz, Sprecherin der Einwohner von Nitzan. 18 Prozent der ehemaligen Siedler seien arbeitslos, doppelt so viel wie im israelischen Durchschnitt. Viele streiten noch vor Gericht über die Höhe der Entschädigungszahlungen. Eine offizielle Untersuchungskommission veröffentlichte im Juni einen Bericht, demzufolge die Regierung bei der Behandlung der Siedler aus dem Gazastreifen und vier Siedlungen im Westjordanland gescheitert ist. Allerdings - so die Studie - tragen auch die Siedler selbst einen Teil der Verantwortung für ihre Misere, weil sie sich vielen Hilfsangeboten versperrten. Einige von ihnen träumen sogar bis heute von einer Rückkehr in den Gazastreifen.