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Der Traum von der ewigen Jugend

Von Stefan Beig

Wissen
Nicht nur in der erste Lebenshälfte sollen die Menschen gesund leben können. Foto: bb

Hormonpapst Huber setzt auf gesundes Älterwerden. | Hohe Erwartungen in Fortschritt der Medizin. | Wien. "Gesundheit noch in hohem Alter" ist ein Traum von vielen Menschen. Johannes Huber - in der Öffentlichkeit als Hormonpapst bestens bekannt - meint, dass er bald in Erfüllung gehen wird. In den letzten Jahren setzte sich der Wiener Professor für Endokrinologie in mehreren Publikationen mit neuen medizinischen Möglichkeiten der Verjüngung auseinander, die bald Realität werden sollen. Altersforschung war auch das Thema eines Vortrags, den er Mittwochabend im Rahmen einer vom Pharmaunternehmen "Novartis" organisierten Veranstaltungsreihe hielt.


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#Dechriffierung des Genoms

Neue medizinische Erkenntnisse sollen Maßnahmen zur Verjüngung im höheren Alter ermöglichen. Die entscheidenden medizinischen Fortschritte der letzten Jahre seien durch die "Koalition von Molekularbiologie und Computertechnologie" zustande gekommen. Die erste große Revolution war die Dechiffrierung des menschlichen Genoms. "Mit Papier und Bleistift hätte man sich das nicht ausrechnen können." Die zweite Revolution sieht Huber in der Analyse der Genomzusammensetzung bei jedem einzelnen Menschen.

Von dieser Entschlüsselung des Genoms sei "ein gewaltiger Anstoß für die Altersforschung" ausgegangen. Man werde Krankheiten früh diagnostizieren und ihren Ausbruch verhindern können. Das hat auch gesundheitsökonomische Aspekte. "In Frankreich gibt es 900.000 Alzheimer-Erkrankte", sagte Huber. "Das ist eine ungeheuerliche Belastung für das Pflegepersonal und das Gesundheitsbudget." Frühzeitige Diagnose könne den Ausbruch von Alzheimer verhindern. Ein weiteres Beispiel sei Brustkrebs, dem man durch Senkung der Brustdichte vorbeugen könne.

Huber geht es nicht um Lebensverlängerung, sondern um gesundes Älterwerden, damit wir "auch die zweite Lebenshälfte ähnlich gut leben können, wie die erste." Scherzhaft merkte der Hormonexperte an, dass dies nicht unbedingt geschäftsfördernd ist: "In China werden die Ärzte dafür bezahlt, dass eine Krankheit gar nicht erst eintritt. Bei uns ist es leider umgekehrt: Erst nach Ausbruch eines großen Leidens wird der Arzt für die Durchführung einer schweren Operation gut bezahlt."

Eine Titelgeschichte der amerikanischen Fachzeitschrift "Science" habe ein weiteres Feld medizinischer Forschung eröffnet: die Epigenetik. Es wurde nachgewiesen, dass nicht nur die Gene selbst, sondern auch ihre "Verpackung" für die Dauer der Lebenszeit entscheidend ist. "Durch Umpackung der Gene können neue Eigenschaften kreiert werden, die zu einer Verjüngung führen", erklärte Huber.

Organe künftig regenerieren

Besonders hohe Erwartungen setzt er in die Erforschung der Organentwicklung während der Schwangerschaft. "Neue Erkenntnisse könnten es ermöglichen, die Organe im höheren Alter zu reaktivieren." Als Beispiel nannte Huber das Herz. Ein Mann bekam das Herz einer Frau implantiert. Als er bei einem Unfall starb, stellte sich heraus, dass sich das weibliche Herz in ein männliches umgewandelt hatte. Die Zellen der Regeneration kamen dabei vom Knochenmark. Auch andere Organe, etwa die Leber, könnten künftig noch im hohen Alter funktionstüchtig gemacht werden.

Fünftes Gebot fraglich

"Der medizinische Fortschritt verändert die Gesellschaft", erklärte Huber abschließend. Er sieht große Auswirkungen im ethischen und sozialen Bereich. So werde das fünfte Gebot ("Du sollst nicht töten.") bald in Frage gestellt werden. "Wenn wir mit fötalem Material Parkinson heilen können, dann ,Her damit'! Nur mehr der Fortschritt zählt, nicht das Leben des Embryos." Auch das sechste Gebot ("Du sollst nicht ehebrechen.") sieht Huber angesichts wachsender Lebenserwartung gefährdet. Eheliche Treue von über 70 Jahren ist aus seiner Sicht nämlich nicht mehr sinnvoll.

Schließlich empfahl Huber seinen Zuhörern noch eine einfache Verjüngungsaktion, die ohne medizinischen Aufwand sofort umgesetzt werden kann. "Bleiben Sie 14 Stunden kalorienfrei, am besten während der Nacht. Es genügt, wenn sie zwei Mal wöchentlich ab 16 Uhr auf Nahrung verzichten." Das sei zwar schmerzhaft, allerdings wirkungsvoll. Johannes Huber gab freilich zu, nicht zu jenem "kleinen Personenkreis" zu gehören, der sich diesem regelmäßigen Fasten unterziehen will.