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Knapp vor seinem 73. Geburtstag, den er Ende dieses Monats feiert, ist Ariel Sharon, wohl einer der umstrittensten Politiker Israels auf dem Höhepunkt seiner politischen Macht angelangt. Dem 1928 als Sohn russisch-polnischer Einwanderer Geborenen, der schon als Jugendlicher in der Untergrundarmee Hagana kämpfte und an allen vier Nahostkriegen aktiv teilgenommen hat - den Einmarsch in den Libanon befehligte er 1982 als Verteidigungsminister - wurde während seiner Militärkarriere nicht gerade Zimperlichkeit nachgesagt.
1953 befehligte er die berüchtigte Einheit 101, die gegen Palästinensgebiete im Westjordanland vorging. Bei der Sprengung von 40 Häusern in Qibya wurden damals 69 Menschen, darunter Frauen und Kinder, getötet. Sharon sagte damals, er hätte gedacht, die Häuser stünden leer. Im Sinaikrieg 1956 als seine Brigadeeinheit hinter den ägyptischen Linien am Mitlapass operierte und schwere Verluste hinnehmen musste, stand er im Mittelpunkt der Kritik. 1973 im Yom-Kippur-Krieg wurde er für seine Erfolge bei der Installierung eines Brückenkopfes am Suez-Kanal als Kriegsheld gefeiert.
Das dunkelste Kapitel in seiner Geschichte ist aber der Umstand, dass er im Libanonkrieg 1982 libanesischen Milizen freie Hand ließ und damit indirekt die Verantwortung für die Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Shatila trug, wo hunderte Menschen Massakern zum Opfer fielen. Aus diesem Grund musste er 1983 auch sein Amt als Verteidigungsminister niederlegen.
1973 erstmals in die Knesset gewählt, kehrte er nach einer Unterbrechung 1977 mit einer Minipartei dorthin zurück. Er bekleidete verschiedene Ministerposten und war unter Menachem Begin auch für die Siedlungspolitik verantwortlich.
Immer wieder forderte er durch gezielte Provokationen die Palästinenser heraus, etwa als er ein Haus im moslemischen Viertel der Jerusalemer Altstadt kaufte oder durch seinen Besuch auf dem Tempelberg Ende September des Vorjahres, der zu den jüngsten Spannungen führte.
Nach der Wahlniederlage Benjamin Netanyahus im Mai 1999 wurde Sharon Likud-Chef. Doch traute ihm bis vor kurzem niemand zu, Ministerpräsident zu werden. Der Vater von zwei Söhnen und mehrfache Großvater hat im Vorjahr seine Frau Lily, die an einer Krebserkrankung litt, verloren. Ihrer gedachte er nach seinem Wahlsieg besonders.