Österreich hat seit 42 Jahren keinen Wissenschaftsnobelpreis mehr gewonnen. Das hat Gründe und Folgen.
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Wenn die Nobelpreise in Disziplinen wie Medizin, Chemie oder Physik vergeben werden, findet sich Österreich regelmäßig in der Lage jener beklagenswerten Lottospieler, die hoffnungsfroh ihr Los öffnen, aber nur ein "Leider nein" vorfinden. Den bisher letzten Nobelpreis in einer naturwissenschaftlichen Disziplin konnte Österreich anno 1973, also vor schlanken 42 Jahren einheimsen, damals bekam Konrad Lorenz den begehrten Preis verliehen. (Jene zwei "Österreicher", die danach noch Nobelpreisträger waren, mussten schon vor dem Weltkrieg vor den Nazis fliehen, verbrachten ihr Leben in den USA und können daher von Österreich eher nicht gut vereinnahmt werden, ohne dass Peinlichkeit entsteht.)
Nun mag man mit Recht einwenden, dass die Republik im Moment andere Sorgen hat als fast ein halbes Jahrhundert ohne Nobelpreisträger aus dem Wissenschaftsbetrieb.
Und trotzdem weist dieser Umstand auf eine gewisse Dysfunktionalität der Republik hin, die kurzfristig bedeutungslos erscheinen mag, auf lange Sicht aber ein erhebliches Problem darstellt.
Denn das betrübliche Abschneiden des Landes in so wichtigen wissenschaftlichen Disziplinen korreliert natürlich mit einer gewissen Nonchalance, mit der nicht nur die Politik den sie tragenden Institutionen wie etwa den Universitäten gegenübersteht. Dass naturwissenschaftlicher Forschung jenes Gewicht, jene Bedeutung und damit verbunden natürlich auch jene Ressourcen zugewiesen werden, die einem modernen Industrieland angemessen wären, ist hierzulande mehr Wunsch als Wirklichkeit. Die regelmäßigen traurigen Debatten darüber, ob ein international renommierter Wissenschafter hier ideale Arbeitsbedingungen vorfindet, belegen das deutlich.
Dabei geht es nicht allein um Geld, sondern auch um eine Geisteshaltung. Charakteristisch für Österreich ist in diesem Kontext nicht zuletzt eine gewisse Minderschätzung der harten naturwissenschaftlichen Disziplinen, der Ingenieurskunst und anderer harter Fächer; wohingegen sozialwissenschaftliche Disziplinen oft weit über ihre tatsächliche Bedeutung hinaus geschätzt werden. Das Missverhältnis zwischen den Studienanfängern in Publizistik oder Politikwissenschaften einerseits und technisch-wissenschaftlichen Fächern andererseits spricht da Bände.
Und dazu kommt schließlich, dass Exzellenz in Österreich insgesamt nicht sonderlich gut beleumundet ist; außer vielleicht im Sport. Den Höchstleistern im Felde der Wirtschaft - eben auch der Naturwissenschaften - hingegen weht im Großen und Ganzen eher überschaubare Wertschätzung entgegen.
Dass Österreich seit so vielen Jahren ohne Nobelpreis ist - während etwa das von der Einwohnerzahl vergleichbare Israel ziemlich regelmäßig Nobelpreisträger stellt, genauso wie die Schweiz -, wird sich nicht eben günstig auf die Leistungsfähigkeit des Landes auswirken. Denn in einem Klima, das regelmäßig Exzellenz in den Naturwissenschaften gebiert, wie etwa eben in Israel, gedeihen natürlich auch jene unternehmerischen Hochtechnologie-Start-ups besonders gut, die Basis künftigen Wohlstandes sind. Der wird nämlich nur mit Lottospielen allein, entgegen einem hierzulande verbreiteten Irrtum, eher nicht zu sichern sein.