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Der Triumph über die Banditen und die Löcher, die er bald reißen wird

Von Christian Rösner

Analysen

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Die Wiener Grünen sind erstmals auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner gegangen und haben gesiegt - auch wenn sie dabei als Erfüllungsgehilfen für die SPÖ-Basis fungiert haben: Ab 2015 sollen in der Bundeshauptstadt keine einarmigen Banditen mehr zu finden sein.

Weil es dann nämlich kein Landesgesetz mehr gibt, das die Sache regelt, müssen alle 3125 Automaten in rund 500 Gaststätten verschwunden sein. Darauf hat sich die rot-grüne Arbeitsgruppe nun geeinigt - das war allerdings "nur der kleinste gemeinsame Nenner", wie die zuständige Stadträtin Ulli Sima am Mittwoch betonte.

Und es wird auch keine Automaten-Salons geben, die ursprünglich die "Hinterzimmer" mit den Spielgeräten ersetzen sollten - quasi als Kompromiss zwischen Stadt und Glücksspielindustrie. Nur noch in den Casinos darf dann das sogenannte kleine Glücksspiel residieren - mit maximal 500 Geräten pro Standort. Und davon gibt es in Wien nur drei.

Das reißt ein Loch von immerhin 55 Millionen Euro pro Jahr ins Stadtbudget. So viel verdient die Stadt Wien an den Automaten. Und es reißt ein weiteres Loch in die Umsatzzahlen der Novomatic. Die Reaktion der Betroffenen: Die SPÖ-Spitze zieht sich auf die Sachebene zurück, will das Verhandlungsergebnis nicht weiter kommentieren. Und ausgerechnet die Novomatic fürchtet nun um den Verlust des Jugend- und Spielerschutzes - der wäre nämlich in den Salons gewährleistet gewesen.

Sonst sind aber eigentlich alle glücklich: Die Grünen, die sich den Parteitagsbeschluss der SPÖ-Basis zunutze gemacht hat, um den Regierungspartner unter Druck zu setzen. Die rote SPÖ-Basis selbst, die gezeigt hat, dass man auch ganz weit entfernt vom Machtzentrum etwas bewegen kann. Und sogar die ÖVP begrüßt den Beschluss von Rot-Grün - angesichts der "zunehmenden Verwahrlosungstendenzen in vielen Grätzeln Wiens".

Was aber bleibt, sind die zentral vernetzten Terminals der Lotterien (VLT-Automaten). Dessen Vorstand Friedrich Stickler hatte zwar erklärt, dass er auf einen Betrieb der Geräte in Wien verzichten würde, falls die Landesregierung es wünsche. Wer die Bundeskonzessionen für den künftigen Betrieb dieser Geräte bekommt, ist allerdings noch offen - ebenso, wie viele aufgestellt werden dürfen. Denn im Prinzip ist ein Aufstellen der VLT-Maschinen auch gegen den Willen des Bundeslandes möglich.

Geklärt ist ebenso wenig, wie die Maßnahmen zum Jugend- und Spielerschutz bis 2015 aussehen sollen - und was mit den vielen kleinen Spielstätten geschieht, die bis dahin verschwunden sein müssen. Und angesichts von 50.000 Spielsüchtigen in Wien mit einer durchschnittlichen Pro-Kopf-Verschuldung von 40.000 Euro gibt es eigentlich noch viel zu tun.