Die Ära von Robert Gates im Pentagon, die sich bereits über vier Jahre und zwei Präsidenten erstreckt, wird vermutlich nächstes Jahr zu Ende gehen.
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Als Verteidigungsminister Robert Gates letzte Woche die US-Truppen im Irak und in Afghanistan besuchte, betonte er bei jedem Zwischenstopp, dass er ungeachtet aller bürokratischen Hindernisse für alles sorgen wolle, was nötig ist, um Erfolg zu haben und gesund wieder nach Hause zu kommen. Das ist typisch für Gates, den Unabhängigen, Blumigen, Gefühlvollen. Ein kleiner, ordentlich wirkender Mann mit einer Baseballkappe auf dem weißen Haar, 66 Jahre alt, der manchmal müde wirkte beim Händeschütteln mit hunderten Soldaten in sengender Hitze.
"Ich bin zu alt für diese Scheiße", sagt er abseits davon laut seinen Mitarbeitern immer wieder. Gleichzeitig besteht er aber darauf, die Truppen zu besuchen, weil ihm das, wie er sagt, neue Energie gibt für die politischen Schlachten im Pentagon. Wie er am liebsten als Verteidigungsminister in Erinnerung bleiben wolle, fragte ich Gates auf der Heimreise: "Die Truppen sollen mich als jemand sehen, der wirklich auf sie aufpasst."
Die Gates-Ära im Pentagon, die sich bereits über vier Jahre und zwei Präsidenten erstreckt, wird vermutlich nächstes Jahr zu Ende gehen. Zumindest kündigte Gates an, dass er 2011 in Pension gehen wolle. Und seine Mitarbeiter sagen, dass er es diesmal wirklich ernst meine.
Obwohl Gates ursprünglich ein Kandidat der Republikaner war, hat er heute wahrscheinlich mehr Einfluss auf Präsident Obama, der seinen zurückhaltenden, analytischen Stil teilt, als sonst ein Mitglied der US-Regierung. "Einer der Vorteile, Verteidigungsminister zu sein, ist, dass man sich nie durchrempeln muss", sagt Gates. Statt wie so viele seiner Vorgänger das Außenministerium, den nationalen Sicherheitsberater und den CIA-Direktor zu bekämpfen, hat Gates geholfen, das Sicherheitsteam näher zusammenzubringen.
Gates Abschied ist nur ein Teil einer ganzen Serie von Veränderungen, die nächstes Jahr auf das Team von Obama zukommen dürften. Auch General Jim Jones wird wahrscheinlich seinen Posten als nationaler Sicherheitsberater räumen, die Amtszeit von Generalstabschef Admiral Mike Mullen läuft im Oktober 2011 aus und etliche Pensionierungen stehen bevor.
Seit mehr als 30 Jahren ist Gates nun auf die eine oder andere Weise mit dem US-Geheimdienst verbunden. Sein Vorbild als nationaler Sicherheitsberater, sagt er, war General Brent Scowcroft, dessen Stellvertreter er während der Regierung Bush war. Ein erfolgreicher Berater "spielt nicht selbst die Instrumente, sondern dirigiert das Orchester", sagte Gates. Auf seine Zeit als CIA-Analyst und späterer CIA-Chef anspielend, fragte ich Gates, wie er die Lage der CIA heute einschätze: Sie werde als Geheimorganisation einer demokratischen Regierung immer eine "Anomalie" sein. "Tatsächlich hatte die CIA quer durch das politische Spektrum immer verhältnismäßig wenig Unterstützung."
Vor seiner Abreise in die Kriegsgebiete hielt Gates letzte Woche eine Rede vor einer Versammlung des Frontkämpferbunds in Milwaukee. Als er dabei die Anzahl der im Irak getöteten und verwundeten Amerikaner nannte, schien er den Tränen nahe. Viele amerikanische Politiker werden emotional, wenn es um Krieg geht, aber nur wenige scheinen das so persönlich zu nehmen wie Gates.
Stößt Gates auf politischen oder bürokratischen Widerstand, der für die Soldaten ein vermehrtes Risiko bedeutet, wird er zornig - auf eine Weise, die man sonst nicht oft in Washington sieht. Macht einer im Pentagon unter Gates seine Arbeit nicht ordentlich, fliegt er. Dieses starke Gefühl für Verantwortlichkeit mag vielleicht Gates größtes Verdienst sein.
Übersetzung: Redaktion Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post". Originalfassung