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Wer schon einmal den Prager Hradschin besucht hat, wird den Vladislav-Saal mit dem fein verästelten Gewölbe kennen. Wer aber am Montagabend in 3sat den schönen Film mit dem eher nichts sagenden Titel "Tschechien - Mein Prag" angeschaut hat, sah den Saal in ungewohnter Perspektive. Man durfte dem Architekten Petr Chotebor, der für die bauliche Erhaltung des Hradschin verantwortlich ist, in die Höhen des Dachstuhls folgen: Von dort aus zeigte sich das berühmte Vladislavgewölbe von oben und erschien als freundliche Hügellandschaft.
Auch andere Sehenswürdigkeiten des Hradschin wurden so gezeigt, wie man sie nicht kennt. Doch waren die Menschen, die Filmemacher Georg Schmolz vor die Kamera bat, noch interessanter als die Bauten. Der Protokollchef des Präsidenten, die Restauratoren und Steinmetze, die Glöckner, die am Sonntag händisch läuten - sie alle leben vom Hradschin, und die meisten auch für ihn. Der Restaurator Milos Gavenda machte geradezu eine Liebeserklärung an "seine" Veitskathedrale. Sie sei ihm lieber als alle Frauen, weil sie ihn seit Jahren überrasche, aber niemals enttäusche. Und der Glöckner Tomas Starecky schwärmte: "Man kann sich mit der Glocke über das Seil unterhalten."
Und während man diesen sympathischen Menschen zuhörte, dachte man neidisch: Die Fernsehreporter haben es doch gut. Überall lässt man sie hinein, überall dürfen sie die reizvollen "Blicke hinter die Kulissen" werfen, die uns Normaltouristen in der Regel verwehrt bleiben.