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An den meisten Universitäten laufen derzeit die Vorbereitungen zur Wahl der Gründungskonvente - einer der ersten Schritte zur Umsetzung des neuen Universtitätsgesetzes (UG) 2002. Das Gesetz selbst ist unterdessen zu einem wichtigen Wahlkampfthema geworden. Die SPÖ will dagegen eine Klage beim Verfassungsgericht einbringen, die ÖVP verteidigt das UG und verweist auf erste Umsetzungsschritte an Universitäten. Unterstützt wird die ÖVP an den Universitäten von den meisten Rektoren und von den Professoren. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) und der sogenannte "Mittelbau" fordern einen sofortigen Implementierungsstopp.
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Als erste Universität wählt am 6. und 7. November Graz ihren Gründungskonvent. An den meisten anderen Hochschulen sind die Termine für Mitte November festgesetzt. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Wahl bis 30. November. Noch keinen Wahltermin hat unter anderem die Universität Innsbruck. Rektor Hans Moser möchte zuvor noch einige "komische Strukturen" in der Verordnung geklärt wissen.
Der Gründungskonvent soll aus zwölf Mitgliedern bestehen. Davon müssen sieben Vertreter der Uni-Professoren, zwei Mittelbau-Bedienstete (davon ein Dozent), zwei Studierende sowie ein Vertreter des allgemeinen Universitätspersonals sein. Das Gremium muss die Zahl des künftigen Senats festlegen, eine provisorische Satzung einschließlich einer Wahlordnung für den Senat beschließen, die Größe des Universitätsrates festlegen und dementsprechend unverzüglich zwei, drei oder vier Mitglieder des Uni-Rates wählen. Schließlich hat der Konvent die Wahl des Rektors auszuschreiben und einen Dreier-Vorschlag für die Rektors-Wahl zu erstellen. Anschließend wird der Konvent aufgelöst.
Von ÖH und "Mittelbau" werden die zu kurzen Fristen der Verordnung kritisiert und die "undemokratische Wahlordnung". Sie rufen zu einem Wahlboykott auf.
Beide Gruppen fordern den Aufschub der Implementierung des UG 2002 wiederum wegen zu kurzer Fristen, unzureichendem Budget und Verfassungswidrigkeit. SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser hat deshalb die Universitäten informiert, sich mit der Umsetzung Zeit zu lassen. Die SPÖ werde kommende Woche eine Klage gegen das UG 2002 einbringen und außerdem in der ersten Nationalratssitzung nach der Wahl eine Aussetzung der Implementierung beantragen. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer sieht einer Klage gelassen entgegen. Es sei kein Teil des Gesetzes verfassungswidrig.
Die Neuverteilung der Studierenden
Für Bildungsministerin Gehrer ist der Wettbewerb, der zwischen den Universitäten bereits eingesetzt habe, erfreulich. Er sei unter anderem durch die unterschiedliche Entwicklung der Anfängerzahlen an den verschiedenen Hochschulen ersichtlich. Für die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien zum Beispiel ergibt sich daraus jedoch ein großes Problem: Platz- und Lehrkräftemangel.
Über 4.000 Erstsemestrige hat die WU Wien in diesem Semester zu verzeichnen. Das sind mehr Erstsemestrige als im gesamten letzten Wintersemester. "Die Uni platzt aus allen Nähten", warnt die ÖH der WU. Für die ersten fünf Semesterwochen seien Kinosäle angemietet worden. Auch WU-Rektor Christoph Badelt fordert nun die Politik auf, einzuschreiten. Obwohl an der WU zehn Prozent aller Studierenden Österreichs zu finden sind, erhalte die Hochschule vom Ministerium nur vier Prozent des Gesamtbudgets. Unter dem neuen UG könnte diese Situation geregelt werden, doch so lange wird die WU nicht warten können. Rektor Badelt hat Studierenden, die exmatrikulieren, wenn sie keinen Studienplatz an der WU erhalten, angeboten, die Studiengebühren zurückzuerstatten.
Einer der Studienzweige in denen die WU einen großen Zuwachs zu verzeichnen hat, ist die Wirtschaftsinformatik. Das Studium wird auch an der TU Wien angeboten, wo allerdings - nur in diesem Studienzweig - ein Rückgang der Inskribenten zu verzeichnen ist. WU-Rektor Christoph Badelt sieht damit bestätigt, dass das Angebot an seiner Universität offenbar attraktiver sei. Für den Verband der Sozialistischen Studierenden Österreichs (VSStÖ) ist dieser Studierendenzuwachs daraus zu erklären, dass viele ihr Studium nun "weniger nach Talent und Interesse, sondern nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit" aussuchen, so eine Aussendung.
Die Universität Linz, die als eine der wenigen Universitäten "dramatische" Rückgänge in ihren Studierendenzahlen verzeichnet, macht die Studiengebühren dafür verantwortlich. Einer Studie zufolge sei die Studierendenzahl im letzen Wintersemester um 22 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 zurückgegangen. Hauptabbruchsgrund seien die Studiengebühren gewesen. Für Gehrer ist aber gerade die steigende Zahl von Erstinskribenten an allen anderen Universitäten ein Beweis dafür, dass die Studierenden die Studiengebühren akzeptiert hätten.