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Der Unmut über den EU-Sparkurs wächst

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Parlament lehnt Budgetpläne für Union in erster Stellungnahme ab.


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Brüssel. Sie wollen ihren eigenen Frühling ins schneenasse Brüssel bringen. Während Europas Staats- und Regierungschefs heute zu ihrem Gipfeltreffen zusammenkommen, werden Gewerkschaften und globalisierungskritische Organisationen ihre Vorstellungen von der Richtung präsentieren, die die EU ihrer Meinung nach einschlagen sollte. Auch wenn die Polizei eine Demonstration unter dem Motto "Für den europäischen Frühling" direkt vor dem - weitläufig abgeriegelten - Tagungsgebäude verboten hat, möchten sich Gruppen wie Attac nicht von ihrem Protest gegen die "Krisen- und Kürzungspolitik" abhalten lassen. Sie werden ihre Aktion, wie der Europäische Gewerkschaftsbund, in einem nahe gelegenen Park starten.

Denn an ihrem in vielen Ländern kritisierten Sparkurs wollen mächtige EU-Mitglieder weiterhin festhalten. Es gelte, finanzielle Stabilität zu sichern, um das Vertrauen der Menschen und der Märkte wieder zu stärken, hieß es aus dem Kabinett von Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Wachstumsmaßnahmen

Eine Debatte über die ökonomische Situation der Union steht denn auch im Mittelpunkt des Frühjahrsgipfels. Da die Wirtschaft der Eurozone auch heuer schrumpfen soll, wollen sich die Staats- und Regierungschefs auf mehr Anstrengungen verständigen, das Wachstum anzukurbeln. Konkrete neue Vorgaben sind freilich nicht zu erwarten, weil schon jetzt Reformen für den Binnenmarkt umgesetzt werden sollten. Diese werden im Rahmen des Europäischen Semesters überprüft, bei dem das Gipfeltreffen eine Zwischenetappe markiert. Es geht dabei um Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Budgetkontrolle. Länderspezifische Empfehlungen, die in die jeweilige Haushaltsplanung einfließen sollen, gibt die EU-Kommission im Juni.

Bei der aktuellen Zusammenkunft stehe hingegen die europäische Dimension im Mittelpunkt, wurde in deutschen Regierungskreisen betont. Dennoch würde es Deutschland gern sehen, dabei als Vorbild zu fungieren. Immerhin hat das Kabinett in Berlin rechtzeitig vor dem Gipfel die Eckwerte für das Budget des kommenden Jahres beschlossen. Neue Kredite sind darin kaum vorgesehen: Die Neuverschuldung soll auf 6,5 Milliarden Euro gedrückt werden.

Von solchen Werten sind andere Länder, etwa im Süden Europas, noch weit entfernt. Daher wird derzeit darüber diskutiert, ihnen nicht größere Spielräume zum Abbau ihrer Schulden zu gewähren. So könnten sie mehr Zeit zum Sparen erhalten, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen.

Sondertreffen wegen Zypern

Einem Land wird schon am Freitag besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, wenn die Finanzminister der Eurozone zu einem Sondertreffen zum Hilfspaket für Zypern zusammenkommen. Entscheidungen über eine Unterstützung aus dem Euro-Rettungsschirm sind jedoch erst möglich, wenn der Bericht der Troika aus Vertretern der Europäischen Zentralbank, des Währungsfonds und der EU-Kommission vorliegt.

Auch die Debatte um die Ausgaben der Union 2014 bis 2020 wird die Staats- und Regierungschefs beschäftigen. Zwar haben sich die Länder auf die Budgetpläne vor wenigen Wochen geeinigt. Doch das EU-Parlament hat nun bei seiner Plenarsitzung in Straßburg den Entwurf abgelehnt. Damit wollen die Abgeordneten die Regierungen bei den laufenden Nachverhandlungen zu Zugeständnissen bewegen - etwa bei der Flexibilität der Haushaltsposten. Mit mehr Geld für die EU können sie allerdings kaum rechnen.

Österreich muss unterdessen nach den Europawahlen im Mai 2014 einen Sitz abgeben. Die EU-Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Straßburg für eine Reform, wonach Österreich künftig 18 statt 19 EU-Abgeordnete hat. Das Land hatte gehofft, diese Reformvariante zu verhindern.

Mitten in einer Marathonabstimmung über die umstrittene Reform der EU-Agrarpolitik ist zudem der griechische Vizepräsident des Europaparlaments, Georgios Papastamkos, am Mittwoch zusammengebrochen. Sein Zustand sei "ernst", teilte Parlamentspräsident Martin Schulz mit.

Europäischer Rat