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Man muss es sagen, weil es mittlerweile so unglaublich klingt: Gemessen an Regierungsjahren sind die deutschen Liberalen die erfolgreichste Partei der Bundesrepublik. Die FDP verdankt dies der Tatsache, dass sie sowohl Sozial- als auch Christdemokraten als Koalitionspartner stets lieber war als die jeweils andere große Volkspartei. Wenn schon die Macht geteilt werden muss, dann lieber mit dem schwächstmöglichen Partner, auf dass man möglichst viel von den eigenen Vorstellungen umsetzen kann: Das ist die politische Logik in der Bundesrepublik. Eigentlich grundvernünftig. In Österreich geht es vor allem darum, möglichst viele Ideen des jeweils anderen zu verhindern. Was dann doch ein wenig seltsam anmutet, wenn man es als Langfriststrategie betreibt.
Mittlerweile kämpft die FDP gegen den Untergang. Krise ist längst nicht mehr das richtige Wort, tatsächlich geht es um das bundespolitische Überleben der Liberalen. Womöglich war die jüngste Regierungsbeteiligung das berühmte eine Mal zu viel: Seitdem rutscht die Partei wie auf einer schiefen Ebene unaufhaltsam dem Abgrund entgegen.
Aus österreichischer Perspektive lässt sich leicht über die FDP spotten. Von wegen neoliberalen Irrwegen und so. Dafür gibt es bei uns erst gar keine liberale Partei. Nicht nach 1945 und auch nicht davor; 1870, 1880 schon, aber das ist bereits so lange her, dass es nicht mehr zählt.
Die Schwäche des Liberalismus als politische Kraft in Europa - der historische Erfolg der britischen Liberaldemokraten hin, vereinzelte Wahlergebnisse wie in den Niederlanden her - sollte eigentlich überraschen. Immerhin hätte man vermuten können, der Lauf der Moderne spiele dieser Ideologie, die sich durch eine gewisse Staatsskepsis auszeichnet und gegen ein Übermaß an Regulierung eintritt, in die Hände.
Die Krise, vielleicht sogar ein darüber hinaus gehender Trend, haben dem Liberalismus einen Strich durch die Rechnung gemacht - und bei der deutschen FDP kommt management by chaos noch dazu.
Spätestens, wenn sich die Liberalen selbst aus dem Bundestag geschossen haben, wird man beginnen, sie zu vermissen. Vielleicht nicht diese FDP, aber sehr wohl eine liberale Kraft in der Wirtschafts-, Justiz- und Sozialpolitik. In Österreich spüren wir diesbezüglich ja nur Phantomschmerzen.