"Endlich vorbei", wird sich heute manch einer denken. Noch nie wurde der US-Präsidentschaftswahlkampf so lang, so nachdrücklich und so kostenintensiv geführt. Von zentraler Bedeutung war dabei die Distanzierung von George W. Bush. Tatsächlich mieden die Kandidaten den Noch-Präsidenten wie der Teufel das Weihwasser. | Mit dem Schlagwort "Change" brachte Barack Obama dieses Anliegen als erster auf den Punkt. Alles solle anders werden, transparenter und volksnäher. Auf diesen "Wandel" verwies Obama immer wieder und zeigte dabei ähnliche Ansätze wie die EU-Kritiker in Österreich. Er trete an, um Licht in die finsteren und geheimen Machenschaften des Washingtoner Establishments zu bringen, war die Botschaft Obamas.
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Der Demokrat hat während des Wahlkampfs sogar einmal angekündigt, den gesamten Staatshaushalt im Internet veröffentlichen zu wollen. Ob und inwieweit das überhaupt möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Genauso gespannt darf man auf die neuen Strukturen in der amerikanischen Hauptstadt warten, sollte Obama Präsident werden.
Etwas spät, aber doch erklärte dann auch John McCain, diesen Wandel erreichen zu wollen, während er sorgfältig darauf achtete, bloß nicht zu sehr an Bush anzustreifen. Er wollte als "Maverick" bestechen, als charakterstarker Einzelgänger, der zwar Republikaner ist, aber auch mit Demokraten koaliert, wenn es um die rechte Sache geht.
Das wichtigste Ereignis in diesem Wahlkampf war aber mit Sicherheit die Wirtschaftskrise. Sie hat Themen verdrängt, die ansonsten in anderen Wahlkämpfen stets griffig zur Hand waren. Ob Homosexuelle heiraten dürfen oder nicht, interessierte die Menschen plötzlich ebensowenig wie die Abtreibung. Für McCain war es ein besonders harter Schlag, denn auch die Sicherheitsagenda, mit der er wohl stark punkten hätte können, wurde an den Rand gedrängt. Zu allem Überdruss hatte er sich mit Sarah Palin kurz vor der Krise eine Vize-Kandidatin ins Boot geholt, die genau mit diesen Themen einen Schulterschluss bei den Konservativen bewirken sollte.
Stattdessen musste sie sich in der Krisenzeit gegen Vorwürfe verteidigen, beträchtliche Spendensummen für ihre Garderobe auszugeben. Nicht zuletzt büßte McCain als Republikaner viele Stimmen ein, weil der Wirtschaftspolitik seines Parteikollegen Bush die Schuld an der Krise gegeben wurde.
Erstaunlicherweise ist auch ein weiteres Thema nicht weiter verfolgt worden, nachdem es Ex-Präsident Bill Clinton kurz angerissen hatte: die Hautfarbe Obamas. Ob dieser Wandel profund ist, oder ob die Mehrheit der Wähler entgegen den Umfragen dem Schwarzen doch nicht die Stimme gibt, werden wir morgen wissen.