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Der VA Tech-Betriebsrat zeigt sich gegenüber dem neuen Eigentümer Siemens zu Verhandlungen bereit. Gestern gab es das erste Gespräch zwischen Betriebsratschef Anton Beneder und Siemens-Konzernchef Heinrich von Pierer. Auch der VA Tech-Vorstand geht nicht auf Konfrontationskurs, sondern empfiehlt der Übernahmekommission die über Siemens verhängte Sperrfrist von einem Jahr sofort aufzuheben. Damit scheint aber die von der VA Tech geplante Kapitalerhöhung vom Tisch zu sein.
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Der Siemens-Einstieg hat nachhaltige Folgen für den Linzer Anlagebaukonzern. Einerseits waren beide in vielen Bereichen Konkurrenten, andererseits kooperiert die VA Tech mit dem größten Siemens-Wettbewerber General Electric. Es wird befürchtet, dass letzterer die Kooperationen kündigt und damit mehr als tausend Arbeitsplätze gefährdet sind.
Nachdem Siemens Österreich-Chef Albert Hochleitner ankündigte die ganze VA Tech übernehmen und in den eigenen Konzern integrieren zu wollen, sieht der VA Tech-Vorstand seine Hände gebunden: "Die eigenständige strategische Weiterentwicklung ist nicht mehr umsetzbar." Dadurch wären Beziehungen zu Kunden und Kooperationspartner gefährdet. Jetzt fordert der Vorstand die Übernahmekommission auf die Sperrfrist für Siemens sofort aufzuheben. Sobald die Kommission, deren Senat gestern zusammenkam, das Übernahmeangebot annimmt, ist die geplante Kapitalerhöhung obsolet.
Schwer angeschlagen wirkte gestern der VA Tech-Betriebsrat. Der geglückte Überraschungscoup des vormaligen Konkurrenten brach jegliche Widerstandsbereitschaft, die es noch im September gegeben hatte. Betriebsratschef Anton Beneder zeigte sich als kluger Stratege, denn er setzt auf nun Verhandlungen mit dem neuen Besitzer. "Wir erwarten vernünftige Gespräche und die Absicherung einer möglichst großen Zahl von Mitarbeitern." Sorgen um den Verlust von Arbeitsplätzen macht sich Beneder trotzdem, denn die Siemens-Beteuerungen Standorte und Mitarbeiter zu behalten, könnten nur ein strategischer Schachzug sein.
Den Weg der Vernunft einzuschlagen war für Beneder auch deshalb notwendig, da sich mittlerweile große Unruhe im Konzern breit macht. "Die Mitarbeiter sind verunsichert." Dasselbe gelte für Kunden und Partner. Ein Arbeitskampf würde die Situation verschärfen und das Geschäft schädigen. Doch der Waffenstillstand gilt nur im Fall, dass die Dinge gütlich geregelt würden. Sobald Siemens den heimischen Konzern integriert hätte, könnte die erste Rationalisierungswelle einsetzen. Bender warnt: "Wenn wir unter die Räder kommen, werden wir uns mit allen Mitteln wehren."
Abschied nehmen vom Konzern heißt es für den Betriebsrat trotzdem. "Die VA Tech wird in der bestehenden Form nicht mehr existieren." Die letzte Überlebenshoffnung setzen die Mitarbeiter auf die ÖIAG, sie sollte sich von ihrem 15%-Anteil nicht trennen, denn mitsamt der im Aufbau befindlichen Mitarbeiterbeteiligung könnte ein heimischer Kernaktionär entstehen.
Enttäuscht ist die Belegschaft jedoch von der Politik. Wir fühlen uns verraten und verkauft, beklagt Beneder. Vor zwei Monaten noch wurde die VA Tech vom Finanzminister als Industrieperle gelobt, jetzt jetzt keine Rede mehr davon. "Ein Wort ist nichts mehr wert". Ins selbe Horn stößt VAI-Betriebsrat Ernst Artner. Er spricht von "schwachsinniger Wirtschaftspolitik" als Grund für die Misere.