Über den Verkauf der Post AG soll bis Ende des Jahres eine Entscheidung gefallen sein. 51% stehen zur Disposition. Die Industrieholding ÖIAG hat von der Regierung den Auftrag bekommen, nach einem strategischen Partner Ausschau zu halten, die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Die Post-Gewerkschaft protestiert und droht mit Streik. Bezüglich des Abverkaufs anderer Anteile zeigt sich ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch gelassen: "Wir stehen nicht unter Zeitdruck".
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Der Post steht ein Partner ins Haus. Wieltsch erklärte am Mittwoch im Rahmen eines Journalistenseminars des Verbandes der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, dass bis zum Jahresende eine Entscheidung fallen werde. Alle Varianten würden derzeit mit großer Eile geprüft.
Favorit: Deutsche Post
Der gewichtigste Interessent ist die Deutsche Post, die ihr Begehren auch schon via Gazetten kund getan hat. Auch die Holländer sind im Rennen. Als weniger wahrscheinlich gilt allerdings, dass diese das Geld aufbringen können. Auf den Plätzen drei und vier scharren auch noch die Briten und Franzosen in den Startlöchern. Als Wunschpartner gelten jedoch die finanzkräftigen Deutschen. Der Preis liegt laut Wieltsch weit unter 2 Mrd. Euro.
Post-Chef Gerhard Wais, der mittlerweile Gefallen an der Verkaufsidee gefunden hat, erklärt die Vorteile eines starken Partners: Der europäische Versandmarkt - Paketzustellung und Massensendungen - ist liberalisiert, das Briefgeschäft internationalisiert sich zusehends. Und ab 2008 soll auch das Monopol im Bereich der Briefzustellung fallen. Durch die Beteiligung eines international tätigen Konzerns sei man vor feindlichen Angriffen besser geschützt, und diese könnten aus mehreren Richtungen kommen. Wais kokettiert deshalb auch mit der eher unwahrscheinlichen Möglichkeit von zwei Partnern. Alleine habe man keine Möglichkeiten, den Markt zu erweitern. Da bliebe nur der Rückzug auf die gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die die Post im Rahmen der Universaldiensteverordnung erbringen muss.
Sowohl ÖIAG- als auch Post-Vorstand gehen davon aus, dass es nur sinnvoll ist, die Mehrheit des Unternehmens zu veräußern. Wais erläutert: "Der Einstieg mit mindestens 51% ist wünschenswert, sonst ist nämlich das strategische Interesse nicht groß genug." Von einem Totalverkauf hält Wais nichts: "Ich habe die staatliche Sperrminortität schätzen gelernt." Auch Wieltsch hält einen kompletten Rückzug des Staates derzeit für unmöglich, da ein Großteil der Beschäftigten Beamte sind. Finanzstaatssekretär Alfred Finz glaubt nicht, dass die Post in nächster Zeit bereits mehrheitlich verkauft wird: Er kann sich vorstellen, dass zunächst einmal 25% abgegeben werden.
Gewerkschaft protestiert
Wais ist überzeugt, dass auch die Belegschaft mitziehen wird. Doch die Post-Gewerkschaft will von solchen Privatisierungsplänen, wie sie die Regierung vorgibt, nichts wissen und droht mit Protesten. "Die Beschlüsse zur Durchführung des Streiks sind da." Wenn notwendig, werde man Maßnahmen ergreifen, die bisher noch unbekannt sind, ließ Post-Gewerkschaftschef Gerhard Fritz verlauten. Der Verkauf der Mehrheit der Post AG sei ein europäisches Novum. Die Argumente des ÖIAG- und Postmanagements, wonach der Verkauf zur Erhaltung des Unternehmens notwendig sei, bezeichnet Fritz als Nonsens. "Vielleicht ist Wais einem Angriff durch große ausländische Anbieter hilflos ausgeliefert, für die Post gilt das sicher nicht." Gegen die Postprivatisierung protestiert auch der Gemeindebund. Dessen Präsident Helmut Mödlhammer fürchtet, dass dann ein privater Riesenmoloch die Post von außen regiert. "Die Gemeinden sehen den Verkauf von strategischem Eigentum mit Sorge." Demokratische Mitsprache sei dann nicht mehr möglich. Mödlhammer schlägt für die Post, "die den Österreichern ans Herz gewachsen ist", einen anderen Weg vor: Sie sollte gestärkt werden, damit sie auch alleine existieren könne. Mödlhammer sieht ein gravierendes Verkaufsproblem: "Die Post ist nur interessant, wenn der Staat die Beamten übernimmt."
Auf eine andere Hürde weist der Post-Generaldirektor im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" hin. Der Verkauf öffentlicher Unternehmen muss EU-weit ausgeschrieben werden, und es besteht die Pflicht, dem Bestbieter den Zuschlag zu erteilen. Dieser muss aber nicht der Wunschpartner sein. Dies sei einem europäischen Postunternehmen passiert.
Kein Zeitdruck beim Verkauf
Mit dieser Situation müssen auch die restlichen von der ÖIAG gemanagten Unternehmen zurecht kommen. Wieltsch sieht den Regierungsauftrag zum Verkauf nicht als enges Korsett: "Wir müssen nicht um jeden Preis verkaufen." Wenn es ungünstig erscheine, könne der Abverkauf auch verschoben werden. Die voestalpine sei ein erstklassiges Unternehmen, doch ein Partner sei nicht in Sicht. Deshalb werde dem Wunsch des Managements Rechnung getragen und der Weg an die Börse gewählt: "Wir haben vor, unseren Anteil in zwei Tranchen zu verkaufen". Vorher müsse jedoch der Kurs steigen. Die Begehrlichkeit des Finanzministers hält Wieltsch für erfüllbar: "Wir sind zuversichtlich, die 300 Mill. Euro Sonderdividende aufzubringen."