Genau im Moment, in dem man den österreichischen Undof-Beobachter auf den Golanhöhen braucht, entscheidet er sich, seinen Posten zu verlassen.
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Die "United Nations Disengagement Observer Force (Undof)", die an der Waffenstillstandslinie zwischen Israel und Syrien auf den Golanhöhen stationiert ist, hat keine Kampfmission. Sie wurde nie als eine Truppe verstanden, die irgendetwas erzwingen wollte. Es geht, wie es im Nahen Osten seit Entstehung des Staates Israel 1948 meistens der Fall war, um Beobachter, die die Aufgabe haben, Missverständnisse zwischen den Kontrahenten zu verhindern.
Schon die ersten Beobachter der UNO haben nach der Schließung der Waffenstillstandsverträge von 1949 an den Grenzen zwischen Israel und Libanon, Israel und Syrien, Israel und Jordanien, Israel und Ägypten, Stellung genommen. Sie haben die Einhaltung des Waffenstillstands der Kontrahenten zur Aufgabe gehabt und fungierten als neutrale Beobachter, um Missverständnisse zu verhindern. Nationen, die einen Waffenstillstand schließen und dennoch im Kriegszustand bleiben, brauchen jemanden, der dafür sorgt, dass Vorkommnisse, die aus Versehen entstehen, nicht zu einer Eskalation führen.
Ein Polizist, der einen Lkw aufhalten will, braucht dazu keinen Panzer. Er hebt die Hand und der Lkw-Fahrer hält an. Folglich sorgt die Polizei dafür, dass die gesellschaftlichen Gesetze, die alle Bürger prinzipiell akzeptieren sollen, auch ohne Missverständnisse gehalten werden. Der Polizist steht nicht auf der Straße, um mit seinen Waffen zu kämpfen. Selbstverständlich gibt es auch seltene Fälle, wo ein Bürger die Gesetze nicht respektiert und die Verkehrspolitik in Gefahr gerät. Das sind die Berufsrisiken, die ein Mensch, der sich in der Polizei engagiert, in Kauf nimmt.
Die österreichischen Truppen auf den Golanhöhen im Rahmen des Undof-Truppenkontingents haben genau so eine Mission auf sich genommen, weil die beiden Kontrahenten Syrien und Israel den Waffenstillstand, den sie miteinander geschlossen haben, respektieren wollten und einen Verkehrspolizisten brauchten, der für den friedlichen Verlauf des Waffenstillstands sorgt. Nun herrscht Bürgerkrieg in Syrien, was allerdings nicht bedeutet, dass irgendjemand, sei es Israel, die Regierung in Damaskus oder die Rebellen in Syrien, die Absicht hat, den Waffenstillstand zunichte zu machen. Unter den neuen Umständen wächst jedoch das Risiko der Missverständnisse entlang der Waffenstillstandslinie. Das heißt, dass man die österreichischen UNO-Verkehrspolizisten jetzt erst recht braucht. Und das ist genau der Moment, in dem dieser freiwillige, wohlwollende, seit Jahrzehnten geschätzte österreichische Undof-Beobachter sich entscheidet, seinen Posten zu verlassen.
Es steht fest, dass jede Friedensverhandlung im Nahen Osten sich vor allem um Sicherheitsfragen drehen wird. Und vor allem darum, Sicherheit gewährleisten zu können, die die Kontrahenten im Nahen Osten ohne internationale Hilfe nicht garantieren können. Das Zeichen, dass Österreich uns heute im Nahen Osten setzt, lautet, dass ausgerechnet unter den heiklen Umständen in der heutigen arabischen Welt und den bevorstehenden Friedensverhandlungen der Israelis und Palästinenser dies möglicherweise nicht zur Verfügung stehen wird.