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Der verlagerte Tod

Von Werner Grotte

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Das Thema war Anfang der 1980er Jahre ein echtes Schreckgespenst: Waldsterben. Die Dokumentation "Und ewig sterben die Wälder" ging am Dienstag auf Arte der Frage nach, was davon nach fast 30 Jahren übrig ist. Man sah alte Bilder aus dem tschechischen Erzgebirge, das damals einer Mondlandschaft glich. Ursache waren schwefelhältige Abgase aus Braunkohle-Kraftwerken. "Saurer Regen" setzte auch unseren Wäldern zu, ernstzunehmende Wissenschafter prognostizierten Europas Wald-Kollaps für das Jahr 2000. Dass dies dann doch nicht geschah, hatte seinen Grund nicht zuletzt in der medialen Hysterie, die politisches Umdenken forcierte. Grün-Parteien entstanden, es folgten strenge Umweltgesetze (die freilich zum Teil schon vorher auf Schiene gestellt worden waren).


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1985 beschloss man europaweite Abgasnormen, 1988 kam bleifreies Benzin, 1993 der Kat für alle Neuwagen. Kohlekraftwerke bekamen Filter eingebaut, die Forstwirtschaft stellte die anfälligen Fichten-Monokulturen auf heute vielfach bestehende, robustere Mischwälder um. Glaubt man aktuellen Forschungs-Feldversuchen, kann nicht einmal die drohende Klimaerwärmung unseren Wäldern viel anhaben. Es käme lediglich zu einer Artenverschiebung, wobei die Nadelwälder weit über heutige Baumgrenzen bergauf klettern und so sogar die Schutzwaldfunktion verstärken würden. Trotzdem sind die Wälder in Lebensgefahr - nicht in Europa, aber just aufgrund der EU-Umweltgesetze: Denn jener Biosprit, der dem Benzin mittlerweile zu 4,4 Prozent beigemengt werden muss, wird zunehmend aus Palmöl erzeugt. Platz für die Ölpalmen entsteht durch radikale Regenwaldrodung in Südostasien, etwa Borneo. So gesehen ist das Schreckgespenst nicht tot, nur verlagert.