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Der Verlierer aus Atlanta

Von Francesco Campagner

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Die Suche nach Wahrheit ist nicht nur ein metaphysisches Bedürfnis, wie sich im aktuellen Irak-Konflikt zeigt. Im "Krieg der Bilder" ist eine Sehnsucht nach jener Objektivität entstanden, die viele einst zu kennen vermeinten. Dienstagabend versammelte Eugen Freund, seines Zeichens US-freundlicher Kommentator der Geschehnisse, Experten zu einem "Runden Tisch" in ORF 2, um über die Ethik der Berichterstattung zu diskutieren.

Von menschlicher Würde war die Rede, von mehreren Wahrheiten, der Genfer Konvention und natürlich von Propaganda. Die Illusion, in Kriegszeiten von den beteiligten Parteien objektive Meldungen vorgesetzt zu bekommen, ist eine naive Grundhaltung, der seltsamerweise auch abgebrühte Medienprofis erliegen. Während der ORF die Gratwanderung zwischen Instrumentalisierung und Berichterstattung schafft, haben einige andere Fernsehanstalten ihren Ruf verspielt.

Medialer Hauptverlierer des zweiten Irak-Krieges ist der einstmalige Gewinner des ersten: CNN. Der Sender aus Atlanta hat den - für ein US-Medium zugegeben schwierigen - Seilakt nicht geschafft. Erfolgsmeldungen werden ohne jeglichen Zweifel übernommen, eigene Reporter fühlen sich - eingebunden in den Truppenverbänden - als parteiische Kriegsteilnehmer, die genau wissen, wer die bad guys sind. Und während etwa Sky News Experten einsetzt, die zurückhaltend und distanziert agieren, befindet sich das CNN-Team meist im heftigen Gerüchte-Rausch. Schade um die Mutter aller Nachrichtensender.