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5800 Milliarden Euro liegen laut dem Ökonomen Gabriel Zucman in Steueroasen.
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Wien. Die Reichen werden reicher - das ist an sich nichts Neues. Gabriel Zucman, französischer Jungökonom an der Universität Berkeley und akademischer Ziehsohn des gefeierten Ungleichheitsforschers Thomas Piketty, zeigt in einer kürzlich veröffentlichten Studie, dass die Konzentration des Reichtums an der Spitze heute so hoch ist wie zuletzt zur Zeit des "Vergoldeten Zeitalters" vor 1900. Doch es ist eine andere Studie des 27-Jährigen, die für internationales Aufsehen sorgt. Sie zeigt, wie viel Geld wirklich in Steueroasen lagert.
5800 Milliarden Euro werden weltweit den Berechnungen des Franzosen zufolge in Offshore-Zentren verwaltet. 4700 Milliarden davon seien nicht versteuert. Zucman habe damit einen klaren Fußabdruck des Schwarzgelds in offiziellen Statistiken entdeckt, schwärmt Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman in seinem Blog. "Das sagt viel darüber aus, wie die Welt wirklich funktioniert." Die von prominenten Steuerflüchtlingen unterschlagenen Summen sind - selbst im Falle Uli Hoeneß mit seinen 28,5 Millionen Euro - dabei sprichwörtliche Peanuts verglichen mit Riesen wie Google, Facebook oder Amazon.
Sie haben Steuerflucht längst zum Geschäftsmodell gemacht, wie Wirtschaftswissenschaftler Axel Troost im Fachmagazin "Blätter für deutsche und internationale Politik" diagnostiziert.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bisher niemand sagen konnte, wie hoch der Schaden durch die Schattenfinanz wirklich ist. Hier hat Gabriel Zucman angesetzt und sich die internationalen Kapitalflüsse genauer angesehen. So wie jede Überweisung auf zwei Konten auftaucht, müsste es sich auch bei den Kapitalausfuhren und Kapitaleinfuhren aller Länder verhalten. Doch die offiziellen Statistiken haben Lücken - Geld verschwindet scheinbar spurlos.
Besonders die Schweiz und andere Kleinstaaten sind Zucman ein Dorn im Auge. "Bei Zwergstaaten (wie Luxemburg), die von Schattenfinanzen leben, müsste man weiter gehen, und zwar bis hin zu Maßnahmen, die einem Finanzembargo gleichkämen - und vielleicht bis zum Ausschluss aus der Europäischen Union", schreibt er in seinem Buch.
Die Steueroasen mögen zwar Finanzriesen sein, aber ökonomisch und politisch seien sie Zwerge und massiv vom Handel abhängig. Das sei ihre Schwachstelle. "Dort muss der Zwang ansetzen." Er hält es beispielsweise für angemessen, wenn europäische Staaten 30 Prozent auf Importe aus der Schweiz aufschlagen würden. Nachzulesen ist das in seinem Buch "Steueroasen", das Anfang der Woche im Suhrkamp Verlag erschienen ist.