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Der Vertrag von Lissabon

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Mit der aktuellen Unterzeichnung des EU-Reformvertrages am 13. Dezember 2007 in Lissabon geht ein dreijähriges integrationspolitisches "Interregnum" zu Ende. | Da völkerrechtliche Verträge nach dem Datum und des öfteren auch nach dem Ort ihrer Unterzeichnung zitiert werden, wird der bisher als "Reformvertrag" bezeichnete Änderungsvertrag der europäischen Gründungsverträge nach seiner formellen Signierung am 13. Dezember 2007 in Lissabon als "Vertrag von Lissabon" in die Geschichte eingehen.


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Damit endet eine über drei Jahre andauernde integrationspolitisch äußerst heikle Phase, die mit der Unterzeichnung des "Vertrages über eine Verfassung für Europa" - des Vorgängervertrages des Reformvertrages - am 29. Oktober 2004 in Rom begonnen hatte.

Massive Novellierung

Durch den Vertrag von Lissabon werden der bisherige EU-Vertrag und der EG-Vertrag, der nunmehr "Vertrag über die Arbeitsweise der EU" heißt, massiv novelliert und auch entsprechend umnummeriert.

Damit wird nach der bereits einmal erfolgten Umnummerierung der Verträge durch Artikel 12 des Vertrages von Amsterdam (1997) die Nummerierung der Artikel erneut geändert, sodass es im Grunde nur mehr Spezialisten des Europarechts möglich ist, die Genesis der einzelnen Artikel bis auf ihren Ursprung hin zurück zu verfolgen. Damit geht aber auch ein Großteil des "historischen Wissens" um den Übergang der Europäischen Gemeinschaften zur Europäischen Union und deren Fortentwicklung verloren.

Der "Vertrag über die EU", der gleichsam die Grundlage der neuen EU verkörpert, umfasst 53 Artikel, von denen Artikel 50 (neu) ohne Zweifel der spektakulärste ist. Dieser eröffnet einem Mitgliedstaat doch erstmalig die Möglichkeit, aus der EU auszutreten, was einem wahren Paradigmenwechsel im bisherigen Integrationsverständnis gleichkommt.

Auch die in Artikel 47 nunmehr außer Streit gestellte Rechtspersönlichkeit der EU verdient besondere Erwähnung, ebenso wie auch Artikel 42 Absatz 7, der eine verpflichtende militärische Beistandsgarantie im Falle eines Angriffs auf einen EU-Mitgliedstaat vorsieht, die allerdings den besonderen Charakter der Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaten - im Falle Österreichs ist dies die immerwährende Neutralität - unberührt lässt.

Artikel 6 Absatz 1 wiederum verweist auf die Charta der Grundrechte der EU, die auf Druck von Großbritannien und Polen nicht in die Gründungsverträge integriert, sondern außerhalb derselben in einem Protokoll lokalisiert wurde. Die "EU-Grundrechte-Charta", die 54 Artikel enthält, ist allerdings verbindlich und den Gründungsverträgen gegenüber "rechtlich gleichrangig". Sie gilt für die EU und sämtliche Mitgliedstaaten, mit Ausnahme von Großbritannien und Polen. In einer eigenen "Erklärung" wird zu ihr festgestellt, dass sie keine neuen Befugnisse für die EU schafft.

Der "Vertrag über die Arbeitsweise der EU", der im Grunde den operativen Teil des Gründungsvertrages der neuen EU darstellt, besteht aus 358 Artikel, von denen vor allem die Bestimmungen über die Arten der Zuständigkeiten der EU sowie das Rechtsetzungsverfahren Beachtung verdienen.

In den Artikeln 2 bis 6 werden die ausschließlichen, geteilten und unterstützenden bzw. koordinierenden Kompetenzen der EU sowie deren spezielle Zuständigkeiten in der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik beschrieben.

Obwohl im Reformvertrag von den Begriffen "Gesetz" und "Rahmengesetz" des Verfassungs-Vertrages (2004) an sich abgegangen wurde, kennt der Vertrag Rechtsakte mit und ohne "Gesetzescharakter". So richtet Artikel 289 ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren, das dem gegenwärtigen Mitentscheidungsverfahren entspricht, und besondere Gesetzgebungsverfahren ein, in denen entweder das Europäische Parlament oder der Rat sonstige "Gesetzgebungsakte" erlassen.