Der Visakodex der Europäischen Gemeinschaft stellt eine Zusammenstellung des gemeinsamen Bestandes an Rechtsvorschriften im Bereich der Visumpolitik dar.
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Gemäß Artikel 61 EG-Vertrag muss die Schaffung eines Raumes des freien Personenverkehrs in der EU mit Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen sowie hinsichtlich Asyl und Einwanderung einhergehen.
Nach Artikel 62 Absatz 2 EG-Vertrag werden mit Maßnahmen bezüglich des Überschreitens der Außengrenzen der Mitgliedstaaten Vorschriften über Visa für geplante Aufenthalte von höchstens drei Monaten einschließlich der Verfahren für die Visumerteilung durch die Mitgliedstaaten festgelegt. Als Visum gilt eine nach einem gemeinschaftlichen Verfahren erteilte Genehmigung eines Mitgliedstaates, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort bis zu drei Monaten aufzuhalten. Die Kompetenz für die Gestaltung der gesamten Visumpolitik liegt allein in Händen der Europäischen Gemeinschaften.
Die Ausgestaltung der gemeinsamen Visumpolitik wurde durch eine Reihe von Rechtsakten vorgenommen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten vom Rat erlassen wurden. Was die Erstellung von Visumlisten betrifft, so erließ der Rat 2001 die einschlägige Visa-Verordnung, in deren Anhängen durch eine Positiv- und eine Negativliste diejenigen Länder aufgezählt wurden, die von der Visumpflicht befreit beziehungsweise nicht befreit sind. Hinsichtlich der konkreten Erteilung eines Visums sind die näheren Bestimmungen sowohl in den Artikeln 9-17 des Schengener Durchführungsübereinkommens (1990), der Verordnung über die Erteilung von Visa an der Grenze (2003) sowie in der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (2003) enthalten.
Informationssystem
Die einheitliche Gestaltung der Visa wurde bereits 1995 in einer Verordnung des Rates niedergelegt, die 2002 durch eine weitere Verordnung über die Gestaltung des Formblatts für die Anbringung eines Visums ergänzt wurde.
Für den Austausch von Visa-Daten zwischen den Mitgliedstaaten wurde 2004 das Visa-Informationssystem (VIS) eingerichtet, das aus einem zentralen Informationssystem (CS-VIS), einer Schnittstelle in jedem Mitgliedstaat (NI-VIS) sowie der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem CS-VIS und den NI-VIS besteht.
Diese Fülle unterschiedlicher und nicht immer genau abgeglichener Bestimmungen wurde nunmehr durch die Mitte Juli 2009 in Kraft getretene und ab 5. April 2010 geltende Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft (Amtsblatt 2009, L 243/1) vereinheitlicht. Durch sie werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum einheitlich festgelegt.
Die Bestimmungen dieses Visakodex gelten für Drittstaatsangehörige, die beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen - allerdings unbeschadet des Rechts auf Freizügigkeit von Familienangehörigen eines Unionsbürgers sowie gleichwertiger Rechte von Drittstaatsangehörigen, die diesen durch völkerrechtliche Verträge eingeräumt wurden. Des weiteren werden durch den Visakodex diejenigen Drittstaaten bestimmt, deren Staatsangehörige (sogar) im Besitz eines Visums für den Flughafentransit sein müssen.
Gemäß Anhang IV handelt es sich dabei um Afghanistan, Bangladesch, Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Äthiopien, Ghana, Iran, Irak, Nigeria, Pakistan, Somalia und Sri Lanka.