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Der völlige Durchblick

Von Alexandra Grass

Wissen
Der Querschnitt des Körpers gibt Aufschluss über Erkrankungen, die bis dahin unsichtbar waren.
© Corbis/Pete Saloutos

Die moderne Bildgebung als Navigationssystem der Medizin.


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Wien. In Zeiten, in denen die Früherkennung das Gebot der Stunde ist, hat die bildgebende Diagnostik einen besonderen Stellenwert eingenommen. Dass die dabei eingesetzten Strahlen dem menschlichen Körper Schaden zufügen können, ist bekannt. Deshalb stoßen Screeningprogramme wie etwa das zuletzt in Österreich eingeführte Brustkrebsfrüherkennungsprogramm auch immer wieder auf Ablehnung.

Doch ohne die bildgebende Diagnostik würden viele Erkrankungen erst gar nicht sichtbar werden. Und mit der Ausreifung der Technik hat sich die Bildgebung in den vergangenen 120 Jahren wohl zu einem der wichtigsten Medizinzweige entwickelt. Sowohl die Untersuchungsmethoden als auch die daraus resultierenden Aufnahmen sind facettenreicher denn je.

Frau Röntgens Hand

Wir schreiben das Jahr 1895: Der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt die später nach ihm benannten X-Strahlen. Zwar hatten schon andere vor ihm Röntgenstrahlung erzeugt, doch er hat deren Bedeutung erkannt und sie wissenschaftlich weiter untersucht. Zu seiner Berühmtheit hat wohl auch die erste Röntgenaufnahme beigetragen, die die Hand seiner Frau Anna Bertha zeigt. Für Röntgens Entdeckung und deren praktische Bedeutung erhielt er im Jahr 1901 den ersten Nobelpreis für Physik.

Es waren die zutage getretenen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus wie Hautentzündungen, die die Wissenschafter schon damals auf die Idee brachten, die Strahlung therapeutisch zu nützen. Der erste beschriebene Fall, bei dem Röntgenstrahlen zu Heilzwecken angewendet wurden, war die Behandlung eines fünfjährigen Mädchens mit einem sogenannten Tierfell-Muttermal. Heute kommt die ionisierende Strahlung als Therapie vor allem in der Krebsbehandlung zur Anwendung.

Aber auch in der Diagnostik wird uns das klassische Röntgen wohl noch lange erhalten bleiben. "Es gibt keine schnellere und preisgünstigere Methode", betont der Wiener Radiologe Peter Peloschek. Ein Klick und ein vermuteter Knochenbruch wird sichtbar. Möglich wird die Schwarz-Weiß-Darstellung des Röntgens durch die unterschiedliche Dichte des Körpergewebes. Knochen etwa erscheinen auf der Aufnahme hell, weil sie aufgrund ihrer Dichte die Strahlung kaum auf den Film durchlassen. Hingegen können Hohlräume ungehindert passiert werden, wodurch sie auf dem Bild sehr dunkel erscheinen. Da es sich beim Röntgen um ein Negativbild handelt, sind vom Arzt diagnostizierte "Schatten" - etwa durch eine Lungenentzündung - zur Verwirrung des Laien hell dargestellt.

Diese Basisuntersuchungen weisen den Weg, welche Nachfolgeuntersuchungen als sinnvoll gelten. Denn "die moderne Bildgebung ist das Navigationssystem der Medizin", bringt es Philipp Peloschek, ärztlicher Leiter des Radiology Centers in Wien, auf den Punkt. Die Bilder dienen nicht nur zur Erstabklärung, sondern werden auch im Therapieverlauf eingesetzt, um den Patienten eine maßgeschneiderte Behandlung zu ermöglichen. So kann etwa beobachtet werden, ob eine Chemotherapie greift, oder inwieweit eine Strahlentherapie angepasst werden kann, um punktgenauer und gewebeschonender einwirken zu können.

Wenn der Patient strahlt

Auch die Mammografie und Computertomografie (siehe Kasten) machen sich die Röntgenstrahlen zunutze. Bei ersterer lassen sich Anomalien im Brustgewebe sowie Mikroverkalkungen deutlich darstellen. Sie gilt als das Um und Auf, wenn es um die Früherkennung von Brustkrebs geht. Die CT bringt das Röntgenbild in die dritte Dimension.

Als Strahlungsquelle fungiert beim Röntgen das Untersuchungsgerät selbst. Bei den nuklearmedizinischen Methoden - der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und der Einzelphotonen-Emissionscomputertomografie (Spect) - hingegen strahlt der Patient. Diesem wird im Vorfeld ein sogenannter Tracer (radioaktiv markierte Substanz) verabreicht, der sich im Körper in verschiedenste Stoffwechselvorgänge einbindet. Organfunktionen werden damit nach außen sichtbar gemacht - daher auch der Name funktionelle Bildgebung. Spezielle Kameras fangen die Strahlen ein - beim PET Positronenstrahlen, beim Spect Gammastrahlen - und Computer verarbeiten diese zu aussagekräftigen Bildern. Die neuesten Hybridgeräte, etwa die Kombination von PET/CT oder Spect/CT, ermöglichen eine sofortige computergenerierte Kombination der Schichten, um noch genauere Einblicke in den Körper zu gewinnen.

Bei all diesen Untersuchungen ist sowohl für den Patienten als auch das medizinische Personal der Strahlenschutz zu beachten. Denn Strahlen können im lebenden Organismus mit steigender Dosis unliebsame Veränderungen der Erbsubstanz - bis hin zu Krebs - hervorrufen. Neben der Einhaltung von Grenzwerten und speziellen Schutzmaßnahmen für Patienten, wie etwa das Anlegen einer Bleischürze beim Röntgen, ist wohl der wichtigste Beitrag zu mehr Sicherheit, unnötige Untersuchungen zu vermeiden.

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Bildgebende Verfahren

Röntgen - Die zu untersuchende Körperregion wird aus einer Richtung bestrahlt. Die Röntgenstrahlen durchdringen den Körper, werden durch Phosphorplatten oder elektronische Sensoren eingefangen und in ein Negativbild umgewandelt. Skelett- und Lungenröntgen sind die wichtigsten Einsatzgebiete.

Mammografie - Sie ist in erster Linie ein Verfahren zur Diagnostik der Brust. Die hierbei verwendete weiche Röntgenstrahlung erlaubt kontrastreichere Aufnahmen als das herkömmliche Röntgen mit harter Strahlung. Die unterschiedlichen Strahlenqualitäten entstehen durch die Wahl der gewünschten Spannung in der Röntgenröhre.

Computertomografie (CT) - Mithilfe der Röntgenstrahlung werden Schnittbilder des Körpers erzeugt. Dabei rotiert die Röntgenquelle in einem Ringtunnel um den Patienten, während dieser langsam durch die Röhre geschoben wird. Das Gewebe wird schrittweise aus vielen verschiedenen Richtungen durchleuchtet. Es entsteht eine dreidimensionale Schichtaufnahme. Sowohl Knochen als auch Weichteile lassen sich gut darstellen.

Magnetresonanztomografie (MRT) - Die Wassermoleküle im Körper verhalten sich wie Magneten, die auf ein von außen angelegtes Magnetfeld reagieren. Die bei der Untersuchung in einer Röhre entstehenden Radiowellen werden eingefangen und vom Computer in ein Schnittbild übertragen. Die Untersuchung ist frei von schädlicher Strahlung und eignet sich besonders für Weichteile.

Positronen-Emissions-Tomografie (PET) - Dem Patienten wird eine radioaktiv markierte Substanz (Tracer) verabreicht, deren Verteilung im Körper durch Detektoren in einem Ringtunnel gemessen wird. Die PET-Kamera nimmt schrittweise den gesamten Körper auf. Sie kommt vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz.

Einzelphotonen-Emissionscomputertomografie (Spect) - Die Schnittbilder geben vor allem Aufschluss über Stoffwechselabläufe. Ein verabreichter Tracer sendet Gammastrahlen aus, die von einer um den Körper rotierenden Kamera aufgenommen werden. Die Spect wird vor allem zur Untersuchung des Herzens und des Gehirns eingesetzt.