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Der Vorhang fällt erst

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Seit Jahren kultiviert die Regierung das Handwerk der simplifizierten Botschaften. Leicht verständlich und so kurz, dass alles in einer Schlagzeile Platz hat. Komplizierte Sachverhalte wurden vermieden oder bis zur Unkenntlichkeit vereinfacht. Nun muss sie der Bevölkerung klarmachen, dass die Übernahme der Hypo-Schulden durch die öffentliche Hand trotz allem die beste aller Lösungen ist. Das ist nicht leicht verständlich, hat auf gar keinen Fall in einer Schlagzeile Platz und ist ziemlich kompliziert.

Der Druck auf die Regierung ist aber so groß, dass sie gar nicht anders kann, als es zu versuchen. Die Hypo pleitegehen zu lassen, hätte das Vertrauen in Österreich so zerstört, dass die wirtschaftlichen Folgen teurer sind als die Kosten der Hypo-Abwicklung. Diese wirtschaftlichen Folgen müssen benannt und beziffert werden. Ob die Regierung das schaffen wird, steht in den Sternen, denn die jetzige Hypo-Lösung hat noch zwei Effekte, die alles andere als einfach umzusetzen sind: Erstens wird die Republik das Geld für die Hypo in den kommenden Jahren anderswo einsparen müssen. Ein Sparpaket etwa bei Sozialtransfers oder der Unternehmensbesteuerung würde der ohnehin angeschlagenen Koalition den Garaus machen. Bleiben also Einsparungen, sprich: die Umsetzung jener Reformen, die gut beschrieben sind, aber als politisch unmöglich gelten. Stichwort Föderalismus.

Ob sie das schaffen wird, steht in denselben Sternen. Und die Bundesländer, die (neben Balkanländern) durch diese Entscheidung gerettet werden, müssen für die Hypo ebenfalls Verzicht üben. Sie werden sich manchen Regeln des Bundes schlicht und ergreifend unterwerfen müssen. Das Spekulationsverbot ist eines, aber es geht auch dort um Reformen und den Verzicht auf ihren Anteil an der Bankenabgabe. Sollten sie sich weigern, müsste die Regierung öffentlich erklären, dass sie für weitere Landeshaftungen nicht garantieren wird.

Ob sich die Regierung das trauen wird - erraten: steht in den Sternen. Die Hypo-Entscheidung war mutig und vor allem längst überfällig. "Der Vorhang ist gefallen", sagte Finanzminister und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger zum Thema Hypo. Wenn sich die Republik aber nun nicht von Grund auf verändert, wird der Satz wohl nicht nur für die Anstaltslösung der Hypo, sondern auch für diese Regierung gelten.