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Der Vorhang fällt früher

Von Walter Hämmerle

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Eigentlich sollte die Republikausstellung vom 12. September bis 29. März offen halten. Nun sperrt sie früher. | Jubiläumsjahre sind super, Gedenkjahre heikel. Bei ersteren versichert man sich mit stolzerfüllter Brust des eigenen Erfolgswegs über den Umweg der Erinnerung an vergangene Erfolgserlebnisse. Man denke nur an das Jubeljahr 2005. Bei letzterem ist dagegen kollektive Selbstkritik angesagt, bei der sich die politische Klasse bei der Frage "Wie konnte es nur so weit kommen?" Asche für das Versagen der Vorgänger aufs Haupt streut. Schlag nach beim Gedenkjahr 2008.


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Entsprechend enthusiastisch ging Schwarz-Blau anlässlich von 60 Jahre Kriegsende, 50 Jahre Staatsvertrag und 10 Jahre EU-Beitritt ans Feierwerk. Im Vergleich dazu erscheinen die öffentlichen Erinnerungsakte im Zusammenhang mit 2008 - 90 Jahre Ende Erster Weltkrieg, 75 Jahre Austrofaschismus, 70 Jahre Anschluss - als Pflichtprogramm. Wahlpolitisch lässt sich damit jedoch nichts gewinnen.

Immerhin: Die Gefahr, dass es im Zuge diverser Erinnerungsgesten einen Rückfall in die überkommenen Lager-Denkmuster geben könnte, scheint gebannt. Zu diesem Optimismus gab zumindest die Gedenkveranstaltung des SPÖ-Parlamentsklubs diese Woche Anlass, bei der der Wiener Zeithistoriker Oliver Rathkolb eine hervorragende Rede über die Verantwortung für die Ereignisse des Jahres 1933 ohne politische Scheuklappen hielt.

Der nächste offizielle Gedenktermin ist nun der kommende Mittwoch: An diesem 12. März tritt das Parlament zu einer gemeinsamen Festsitzung von Nationalrat und Bundesrat (ab 11 Uhr live auf ORF 2) zusammen. Anlass ist der Jahrestag des deutschen Einmarschs 1938. Der Anschluss war vollzogen. Das Wort ergreifen werden die Präsidenten von Nationalrat und Bundesrat, Barbara Prammer (SPÖ) und Helmut Kritzinger (ÖVP), Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler Wilhelm Molterer sowie Bundespräsident Heinz Fischer.

Gleichzeitig mit dieser Sitzung soll dann auch die Homepage der für Herbst geplanten Republikausstellung im Parlament wieder online gehen (www.republikausstellung.at). Die war zwar schon einmal am 7. Februar für einige Stunden im Netz, als die beiden Ausstellungsmacher Lorenz Mikoletzky (Staatsarchiv) und Stefan Karner (Uni Graz) ihr Konzept präsentierten. Hausherrin Prammer war offensichtlich von diesem Vorpreschen irritiert, monierte ein detaillierteres Konzept - und prompt verschwand die Homepage wieder vom Netz.

Seitdem sei man, so heißt es aus dem Büro Prammers, in intensiven Gesprächen mit den Wissenschaftern. Als Ursache für die Dissonanzen vermuten Beobachter, die lieber nicht zitiert werden wollen, politische Eifersüchteleien zwischen Parlament und Regierung. Letztere will sich nun aus dieser Sache heraushalten, die offizielle Präsentation der Schau soll exklusive Sache der drei Nationalratspräsidenten werden.

Die Ausstellung selbst wird übrigens nur von 12. September bis 31. Jänner zu sehen sein - ursprünglich hätten die Tore bis zum 29. März 2009 offen bleiben sollen. Offizielle Begründung: Terminprobleme mit dem geplanten Umbau des Sitzungssaales im Parlament.