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Hindijah/Irak - Die vordersten Linien der US-Truppen südlich von Bagdad sind in Bewegung geraten: Eine Panzereinheit der 3. Infanteriedivision stößt im Morgengrauen in die Stadt Hindijah, östlich von Kerbala, vor. Ihr Ziel ist die dortige Brücke über den Euphrat - und dahinter der Vorstoß zum Tigris und nach Bagdad.
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In der 80.000 Einwohner zählenden Stadt liefern sich die Soldaten heftige Straßenkämpfe mit irakischen Truppen, die sich hinter Hecken und Ziegelmauern verschanzt haben. In den erbitterten Kämpfen werden US-Angaben zufolge mindestens 20 Iraker getötet. Auf Seiten der Amerikaner wird von einem Verletzten gesprochen. Mehrere Dutzend irakische Soldaten werden gefangen genommen. Sie tragen das Dreieck-Symbol der Republikanischen Garde auf der Uniform und erklären, dass sie der Nebukadezar-Brigade dieser Elitetruppen angehören.
Die US-Truppen richten sich auf der Südostseite der Brücke in verlassenen Bunker- und Sandsackstellungen ein und beschießen die irakischen Kräfte auf der anderen Seite des Euphrats. Irakische Kämpfer in Zivilkleidung, den Kopf rot oder blau mit der traditionellen Kaffijah umwickelt, versuchen, sich zwischen Häusern an die US-Truppen anzuschleichen. Sobald sie entdeckt werden, nehmen sie die Besatzungen von Panzern und Bradley-Geländewagen unter Beschuss.
Dann beginnen die Angreifer, auf die 180 Meter lange Brücke vorzustoßen. Die Gegner versuchen, die Flussüberführung mit Zivilfahrzeugen zu blockieren. Ein dunkelblaues Auto fährt auf die US-Einheit zu. Heftiges Maschinengewehrfeuer setzt ein und bringt das Auto in der Mitte der Brücke zum Stehen. Zu der Brücke führt ein Boulevard mit breiten Bürgersteigen und Cafes. Alle 100 Meter ist ein Porträt von Saddam Hussein zu sehen. "Das muss hier so wichtig für ihn gewesen sein, dass er eine Brigade seiner Republikanischen Garde hingeschickt hat", sagt der amerikanische Oberst David Perkins. Er beobachtet, wie die irakischen Kräfte auf der anderen Seite des Flusses Granatwerfer einsetzen und sagt einem anderen Offizier: "Wir sollten dort etwas Artillerie hinschicken." Nach wenigen Minuten fliegen 155-Millimeter-Granaten über die Köpfe der US-Stellung auf die andere Seite des Euphrats.
Unterdessen brechen US-Soldaten mit Sturmgewehren die Tür zur Polizeiwache von Hindiyah auf und stürmen das Gebäude. Geheimdienstoffiziere durchsuchen die Schreibtische und nehmen Karten mit Einträgen irakischer Stellungen mit. In den Zellen der Polizeiwache sind drei Männer. Sie sagen den Soldaten, dass sie seit drei Tagen nichts gegessen hätten. Ein Offizier gibt ihnen Essenspakete, und ein Soldat sucht nach den Schlüsseln für die Zellen.
An der Brücke entdecken US-Soldaten eine ältere Frau im schwarzen Tschador, die offenbar verletzt auf der Straße liegt. Hauptmann Chris Carter nähert sich ihr unter dem Schutz eines Bradley-Fahrzeugs und fordert einen gepanzerten Rettungswagen an. Die Frau wird auf eine Trage gelegt und zu Sanitätern gebracht. Dann kehrt Carter zurück zu seiner Stellung. Die Soldaten der 3. Infanteriedivision denken daran, was sie wohl auf der anderen Seite des Flusses erwartet.