Christian Ortner publizierte unter dem Titel "Der Preis der Einsamkeit" am 24. Mai in der "Wiener Zeitung" einen bedeutenden Beitrag zum Thema "Was Österreichs EU-Gegner von Island lernen könnten": Ein kleines Land mit isolierter Währung, wie Island, erfährt bei Finanzkrisen sprunghaft steigende Zinssätze und den Verfall des Wechselkurses seiner Währung. Zusätzlich wird es auch langfristig teurere Finanzierungsbedingungen aufweisen. Die Übernahme einer Weltwährung, wie es der Euro ist, lohnt für jedes Land und lohnte durchaus für Österreich.
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In der Slowakei, die 2009 den Euro übernehmen wird, ist die Mehrheit, wie einstmals in Österreich, fälschlich überzeugt, der Euro bringe zusätzliche Inflation. Die falsche Beschuldigung entsteht, weil (mit wie ohne Währungsverbund) die Preise von arbeitsintensiv und ohne technischen Fortschritt erzeugten Dienstleistungen, etwa in der Gastronomie, bei Wirtschaftswachstum immer steigen müssen.
Bei Inflationslosigkeit wird das ausgeglichen durch pro Leistungseinheit fallende Preise von mit hohem technischem Fortschritt erzeugten Industriegütern, zum Beispiel Computern. Nach einer ersten Gewöhnungsphase bringt also selbst bei Konsumgütern ein einheitlicher Währungsraum leicht preissenkende Effekte, weil sich der erhöhte internationale Wettbewerb und die Klarheit des Preisvergleiches preisniveausenkend auswirken. (Die gegenwärtige Benzin- und Lebensmittelpreissteigerung ist hingegen ein so gut wie nur importierter Effekt.)
Der Hauptvorteil eines weiten Währungsraumes jedoch ist seine zinssenkende Wirkung. Diese erkennt man bereits im Vergleich mit einer relativ großen Sonderwährung wie dem Pfund Sterling. In England liegen sichere kurzfristige Zinssätze um 1,0 Prozent und langfristige um 0,6 Prozent höher als im Euroland Österreich. Der Grund ist der, dass sich im großen Währungsraum Nachfrageschwankungen am Kreditmarkt weitgehend durch internationale Kapitalbewegungen ausgleichen, was sie im isolierten Währungsgebiet nicht können. Oder, wie Carl Menger 1892 den Preis der Einsamkeit beschrieb, bevor Österreich die Goldwährung einführte, was dann den gleichen Effekt hatte wie der Übergang zum Euro: Weil "wir ein völlig isoliertes Geldwesen haben..., fehlt auf unseren Geldmärkten der regulierende Einfluss des Zuströmens und Abflusses des Geldes.. . Die Folge hiervon ist eine Steigerung und zwar eine dauernde Steigerung unseres Zinsfußes".
Preisniveau- und Zinssenkung dient den Konsumenten. Weniger glücklich sind lokale Monopolisten auf Gütermärkten, die durch verstärkten internationalen Wettbewerb Preisvorteile einbüßen, und Banken, deren Zinsspannen schrumpfen. Doch sollte der Vorteil des Letztverbrauchers den Ausschlag geben.
Erich W. Streissler ist Professor für Volkswirtschaftslehre,
Ökonometrie und Wirtschafts geschichte.
"Nach einer ersten Gewöhnungsphase bringt also selbst bei Konsumgütern ein einheitlicher Währungsraum leicht preissenkende Effekte."
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