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Ein Pulitzerpreisträger und Reporter der Washington Post ist seit mehr als 20 Jahren illegal in den USA.
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Als 2007 ein Amoklauf an der Schule Virginia Tech mit 32 Toten und 29 Verletzten die USA erschütterte, war das ein Moment, in dem sich José Antonio Vargas beweisen konnte. Der Journalist von der "Washington Post" begann sofort zu recherchieren; er interviewte Augenzeugen, griff in die Tasten und trug somit dazu bei, die Arbeit seiner Zeitung zur besten in Amerika zu machen. Ein Jahr später erhielt er gemeinsam mit der Redaktion der "Washington Post" den renommierten Pulitzer Preis "für die außergewöhnliche und vielseitige Berichterstattung". Am Dienstag wurde Vargas verhaftet. Denn auch wenn er seit mehr als 20 Jahren in den USA lebt und ein Aushängeschild des amerikanischen Journalismus ist, so ist er doch ein illegaler Immigrant. José Antonio Vargas wurde auf den Philippinen geboren, wo er auch aufwuchs. 1993 - als er zwölf Jahre alt war - schickte ihn seine Mutter zu den Großeltern nach Kalifornien. Einen gültigen Aufenthaltstitel hatte er nicht. Er ging wie ein normales Kind zur Schule und erfuhr erst mit 16 von seinem besonderen Status. Vargas tat alles dafür, diese Tatsache geheimzuhalten. Er nutzte gefälschte Dokumente - darunter eine Arbeitserlaubnis -, einen philippinischen Pass und einen Führerschein, um seine Abschiebung zu verhindern. Vargas studierte Politikwissenschaft und wurde zu einem begehrten Reporter, der neben der "Washington Post" auch für die "Huffington Post" schrieb. Dass er schwul ist, hat der Journalist, der sich für Homosexuellenrechte einsetzt, von Anfang an deutlich kommuniziert. Doch sein Outing als illegaler Immigrant erfolgte erst 2011. Zu jener Zeit versuchte US-Präsident Barack Obama wieder einmal, gegen den Widerstand des Kongresses eine Reform der Immigrationsgesetzgebung durchzubringen. Unter anderem ging es auch darum, illegalen Einwanderern, die als Kinder in die USA gekommen sind, die Möglichkeit zu geben, US-Bürger zu werden. Nachdem sich Vargas als illegaler Immigrant geoutet hatte passierte - gar nichts. Er lebte und arbeitete unbehelligt in den USA weiter. Erst jetzt kassierte ihn die Grenzpolizei ein. Vargas war gerade am Flughafen und wollte zu Protesten an der Grenze zu Mexiko fliegen, um auf die Schicksale "von Kindern und Familien" aufmerksam zu machen, "die aus den gefährlichsten Regionen Mittelamerikas" fliehen". Die Festnahme sorgte für eine Welle der Empörung, der sich unter anderen auch der Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, anschloss. Dass er seine Verhaftung provoziert hätte, streitet Vargas ab. Doch hätte man ein Symbol für eine Einwanderungsreform schaffen wollen - die Obama derzeit wieder vorantreibt -, man hätte kein besseres als ihn gefunden. Vargas ist inzwischen wieder auf freiem Fuß, muss sich aber einem Prozess stellen, der wegen seiner Vorbildwirkung wohl viel Aufmerksamkeit erhalten wird.