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"Der Weg der Arbeitgeber führt in die Eskalation"

Von Katharina Schmidt

Wirtschaft

ProGe-Chef Rainer Wimmer über die Strategie der Gewerkschaften.


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"Wiener Zeitung":Die Arbeitgeber wollen die Lohnverhandlungen im Herbst nach Fachverbänden aufsplitten. Wie werden Sie nun weiter vorgehen?Rainer Wimmer: Wir versuchen, die konstruktiven Kräfte zu sammeln, die bei den Arbeitgebern durchaus vorhanden sind. Denn der vorgeschlagene Weg führt in die Eskalation. Das wollen wir verhindern, weil wir glauben, dass das ein unvernünftiger Weg ist. Die Sozialpartnerschaft besteht seit 40 Jahren und kann tolle Erfolge vorweisen, das lassen wir uns nicht zerstören.

Wieso sehen Sie die Sozialpartnerschaft dadurch zerstört? Es wird ja trotzdem verhandelt.

Das Wegbrechen der Fachverbände würde das Ende des bestehenden Kollektivvertrags bedeuten. Wenn es sechs Verhandlungen gibt, gibt es sechs Kollektivverträge. Und je kleiner ein Kollektivvertrag ist, umso schwächer und leichter angreifbar wird er, umso weniger sind Forderungen durchsetzbar.

Sie werfen der Arbeitgeberseite vor, den Kollektivvertrag zu sprengen?

Das ist der einzige Grund. Letzten Endes wird es dadurch weniger Geld für die Kollegen geben.

Ist das auch eine Reaktion auf die Kampfmaßnahmen vom letzten Jahr?

Nein. Das ist eine strategische Ausrichtung, die ja nicht in Österreich erfunden wurde. Ganz Europa geht diesen Weg. Wir wollen ihn als Arbeitnehmervertreter aber nicht mitgehen, das werden wir ganz deutlich mit allen Mitteln vertreten. Wenn es notwendig ist, werden wir Maßnahmen treffen. Die Verantwortung, nicht an die Wand zu fahren, liegt jetzt bei den Arbeitgebern.

"Maßnahmen" bedeutet Kampfmaßnahmen, also Streiks?

"Maßnahmen" bedeutet alles, was uns als Arbeitnehmern zur Verfügung steht. Ja, auch Streiks.

Die Arbeitgeber wollen möglichst rasch in die Verhandlungen starten. Wie sieht Ihr Zeitplan aus? Haben Sie eine Deadline?

Wir werden den bisher üblichen Weg beschreiten. Mitte September wird unser Bundesvorstand die endgültige Marschrichtung beschließen. In der zweiten Septemberhälfte werden Standpunkte ausgetauscht.

Mit welchen Themenforderungen gehen Sie in die Verhandlungen? Die Arbeitgeber verlangen eine Arbeitszeitflexibilisierung.

Ich halte eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung für einen wesentlichen Punkt. Allerdings werden wir hier das Thema Arbeitszeitverkürzung einbringen.

Welche anderen Themen werden Sie einbringen?

Das werden wir zum gegebenen Zeitpunkt festlegen.

Wie lauten Ihre konkreten Forderungen auch vor dem Hintergrund der düsteren Konjunkturprognose?

Immer dann, wenn wir in Lohnverhandlungen treten, sind die Voraussetzungen nicht so rosig, das kennen wir schon. Aber man muss ein bisschen zurückblenden, dann haben wir relativ gute wissenschaftliche Voraussetzungen. Natürlich gibt es einige Branchen, in denen die Situation ein wenig abgeschwächt ist, aber insgesamt sind die Wirtschaftsbücher voll, wir haben überall ein Wachstum. Wir haben ein Jahr lang erfolgreich gearbeitet und werden dafür auch eine ordentliche Erhöhung zu verlangen.

Verlangen Sie eine ähnlich "ordentliche" wie voriges Jahr, als es ein Rekordplus von 4,2 Prozent gab?

Das kann ich jetzt noch nicht verraten, aber die Aussichten stimmen uns froh.

Die Metaller-Verhandlungen gelten als richtungsweisend für andere Branchen. Welches Signal wäre eine Aufspaltung der Verhandlungen für die anderen?

Wenn wir die Lohnführer-Funktion nicht mehr wahrnehmen können, kommt es zu einer Schwächung der gesamten Arbeitnehmerschaft. Dann haben es alle viel schwieriger, zu reüssieren.

Zur Person



Rainer
Wimmer

Der 58-jährige Elektriker und langjährige Zentralbetriebsratsvorsitzende der Salinen AG ist seit 2009 Chef der Produktionsgewerkschaft ProGe. Wimmer war Bürgermeister von Hallstatt und SPÖ-Nationalrat.