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Am Tag nach der EU-Wahl als Rezensent dran zu sein und eben nicht über dieses, aber doch halbwegs griffig kommunizierbares Thema schreiben zu wollen, glich der sprichwörtlichen Skiabfahrt durch
den Wald: kaum Ausweichmöglichkeiten. Um so überraschter war ich, als ich an eher unerwarteter Stelle fündig wurde · in der Fernsehwerbung. Oder doch nicht ganz, aber doch irgendwie. Das ist nämlich
so:
Seit einiger Zeit betreibt der ORF · zwischen Wetter und Sport/Seitenblicke, aber vor dem Werbeblock, als eine Art Belangsendung in eigener Sache · wieder den Versuch der Weißwerbung von
Schwarzsehern. Das Filmchen dazu: Zunächst ein Bildausfall, nein, das ist die Einleitung. Dann zankt ein wie leicht verdorbenes Fleisch, nein, wahrscheinlich cool ausgeleuchtetes und ebenso
aussehendes Pärchen in gleichermaßen cool-gelangweiltem Ton um die aufregende Tatsache, daß er den Sport, sie aber die Seitenblicke sehen möchte. Und als sie den Trumpf der Fernbedienung in der Hand
ausspielt, meint er, dann geht er eben zur Nachbarin. Schnitt. · Mein lieber Herr Gesangsverein! Dieser Spot ist impactstark wie ein Kuhfladen. Pflatsch. Da bedarf es keiner Seherstromanalyse, um bei
der Wanderung des Filmheinis zur Nachbarin (RTL-Tant?, DSF-Tussi? . . .) die Wanderung der Schwarzseher zu noch schwärzerem Sehen zu prognostizieren. Und ich bin geneigt, eher rot zu sehen, wenn ich
daran denke, daß ich mit meiner Fernsehgebühr auch zur Produktion von solchem Schwachsinn herhalten muß.