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Spritpreis-Debatte im Parlament geplant. | Ruf nach strengerer Wettbewerbsaufsicht. | Wien. Wie hoch wären die Spritpreise, würden sich diese an den tatsächlichen Herstellungskosten der Ölkonzerne orientieren? Die gängige Praxis, die Tankstellenpreise nach den Notierungen an der Rotterdamer Produktenbörse zu richten, hat nun die Politik auf den Plan gerufen. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim forderte am Mittwoch von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) eine genaue Durchleuchtung der Kosten- und Kalkulationsstruktur der heimischen Mineralölindustrie.
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Tatsächlich scheint es - zumindest auf den ersten Blick - so, dass das, was Autofahrer an den Tankstellen bezahlen, wenig mit den eigentlichen Produktionskosten zu tun hat. Christoph Capek, Generalsekretär des Fachverbands der Mineralölindustrie, bestätigt gegenüber der "Wiener Zeitung", dass sich die Unternehmen mittels langfristiger Beschaffungsverträge absichern. Dennoch würde sich der Spritpreis letztlich am Weltmarktniveau orientieren - egal ob weit darunter produziert wird oder nicht.
"Enorme Verzerrungen"
Die Rotterdamer Produktenbörse diene den Firmen als aktueller Indikator für die Preisentwicklung, so Capek. Auch wenn ein Konzern selbst Öl fördert - und es nicht teuer zukaufen muss -, würde er es nicht zu billigerem Treibstoff verarbeiten. Schließlich könne der gefragte Rohstoff jederzeit zu Weltmarktpreisen anderwärtig an den Mann gebracht werden.
Während Capek von einem "freien Markt" spricht, auf dem sich die Preise an Angebot und Nachfrage orientieren, ortet Jarolim "enorme Verzerrungen". Es gebe "enge Verflechtungen" zwischen den Hauptanbietern. Der SPÖ-Justizsprecher verweist auf eine Entscheidung des deutschen Bundeskartellamts, derzufolge die großen Ölkonzerne ein marktbeherrschendes Oligopol bilden würden.
Auf dem "Holzweg"?
Das vermutet Jarolim auch für Österreich. Ist eine Marktbeherrschung gegeben, sieht das Wettbewerbsrecht jedoch vor, dass die jeweiligen Anbieter ihre Preise nicht stark überhöhen dürfen.
Laut Jarolim werden die hohen Spritpreise heute, Donnerstag, im Nationalrat debattiert werden. Auch wenn an einem der wesentlichen in Österreich tätigen Mineralölkonzerne - der OMV - der Staat beteiligt sei, könne man "das nicht so hinnehmen". Kritik äußerte Jarolim zudem an den Wettbewerbshütern.
Die BWB befinde sich mit ihrer kürzlich angekündigten Untersuchung der Spritpreise "auf dem Holzweg", so der SPÖ-Politiker. Es reiche nicht, die Tankstellenpreise zu vergleichen. Jarolim fordert eine "bissigere" Wettbewerbsbehörde. BWB-Sprecher Stefan Keznickl zeigt sich gelassen: Man begrüße jede Stärkung der BWB. Vieles von dem, was Jarolim anspreche, sei Gegenstand der laufenden Untersuchung. Man könne jedoch nicht einfach deutsche Erkenntnisse auf Österreich übertragen, so Keznickl.
Experte relativiert
Inwieweit die Unternehmen tatsächlich aus den Unterschieden zwischen Weltmarkt- und Produktionspreisen Kapital schlagen können, lässt sich nicht leicht beantworten. Laut David Wech vom Beratungsunternehmen JBC würden sehr wohl auch viele langfristige Beschaffungsverträge an die Börsenentwicklung angepasst. JBC hat 2005 für das Wirtschaftsministerium eine Benzinmarkt-Studie durchgeführt. Probleme bei den Marktstrukturen seien dabei nicht ans Tageslicht gekommen. Seitens der OMV weist man die Vorwürfe Jarolims als "Verschwörungstheorien" zurück.