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Der Weltmeister

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Deutschlands Exportüberschuss machte 2013 200 Milliarden Euro aus - der weltweit höchste Wert. Sogar nach China exportieren die Deutschen mehr als sie importieren. Nun sollen die Leistungen der dortigen Automobil- und Maschinenindustrie nicht kleingemacht werden, sie sind in der Tat weltmeisterlich.

Wirtschaftlich betrachtet aber machen die Deutschen damit Probleme. Die Stärke des einen ist die Schwäche der anderen. Wer deutsche Waren importiert, muss dies oft mit Schulden finanzieren - volkswirtschaftlich betrachtet. Nun wäre richtigerweise einzuwenden, dass niemand Peugeot verbietet, genauso gute Autos wie VW zu bauen. Aber "Made in Germany" hat einen viel besseren Ruf als "Made in France", die französischen Unternehmen stehen aber politischer Ineffizienz gegenüber. Um Europa wieder in Balance zu bringen, ist es daher notwendig, die wirtschaftspolitischen Rahmen anzugleichen. Das wird in der EU versucht, doch solange die Regierungschefs nicht willens sind, Macht abzugeben, wird dies scheitern. Und ein Unterfangen, das den Arbeitsmarkt in Europa kaum entlastet sowie Ärger und Frust verbreitet. Der Erfolg Deutschlands führt zu Problemen in Südeuropa, und so muss Deutschland einen Teil seiner Überschüsse in Garantien für EU-Rettungsschirme stecken. Diese Umverteilung wäre klüger, wenn sie in Form von Industrie-Investitionen daherkommt. Fabriken zu bauen statt Budgetdefizite zu finanzieren wäre sinnvoller.

Um das zu bewerkstelligen, müsste die Politik neue Wege einschlagen. Denn der Gewinn aus den Exporterfolgen kommt der BMW-Eigentümerfamilie Quandt zugute. Den Verlust aus der Finanzierung von Rettungsschirmen bezahlt hingegen der deutsche Steuerzahler. Der direkte Weg würde lauten: BMW investiert in Portugal.

In einer freien Gesellschaft kann dies niemand vorgeschrieben werden, daher muss die Politik anders eingreifen - etwa durch üppigere Lohnerhöhungen in Deutschland. Und den Versuch, Südeuropas Politik berechenbarer zu machen. Das kurbelt den Konsum an und reduziert Wettbewerbs-Unterschiede.

Schweinerei, sagen da die Nationalisten. Nein, Vorbeugung, ist darauf zu antworten. Denn alles so laufen zu lassen wie jetzt, würde das globale Wirtschaftssystem so schwächen, dass am Ende die Deutschen niemand mehr finden, der ihnen ihre hervorragenden Produkte abkaufen kann.