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Die Globalisierung ist ein Gfrast. Auch sprachlich gesehen, speziell für das nicht ganz so salonfähige Schimpfen und Fluchen. Hier galt bisher der Dialekt verbal als das passende Mittel, um seinem Unmut spontan wie eruptiv Ausdruck zu verleihen. Weil sich da Emotion am unmittelbarsten in Worte kleiden lässt. Quasi aus dem tiefsten, ungeschliffenen Bauchgefühl heraus gesprochen.
Eine aktuelle Studie besagt nun aber, dass selbst die Wiener, deren fast liebevoll-kreatives Schimpf-Idiom ganze Wörterbücher füllt, sich auf standarddeutsche Begriffe verlagert, die im Gegensatz zur dialektalen Blumigkeit geradezu steril anmuten.
Eine Germanistin der Uni Wien hat die Wiener Schimpfkultur untersucht. Am häufigsten verwendet werden "Arschloch", "Trottel" und "Idiot". Nix mit "Deppata", "Wappler", "Bassenatratschn" oder "Fetznschädl".
Die Studie gibt auch Auskunft darüber, welche Funktion das Schimpfen für den Wiener hat. Die beleidigende, verbal gewalttätige Intention ist dabei auf dem Rückzug. Grund sei die Angst vor einem möglichen Streit - vor allem mit Menschen aus anderen Herkunftskulturen, so die Studie.
Stattdessen fungiert das Fluchen ganz pragmatisch als Ventil, um Dampf abzulassen - also an sich ein produktiver Prozess statt einer destruktiven Aktion. Der Wiener ist quasi ein Engerl.
Eine These verfolgt die Studie jedoch nicht: Dass sich ein Großteil des (beleidigenden) Schimpfens aus der gesprochenen Alltagsprache ins Internet verlagert hat. Die in Sozialen Medien verschriftlichten Tiraden lassen sich kaum noch als vorbeugende Maßnahmen für negative Emotionen auslegen.