Zum Hauptinhalt springen

Der Wiener und sein Markt

Von Ina Weber

Politik
Der Brunnenmarkt in Ottakring bietet Obst- und Gemüsestände sowie Gastronomie an.
© Stanislav Jenis

Laut Umfrage sehen 87 Prozent der Wiener bei einem Rückgang der Märkte auch ein großes Stück Identität verloren - Neos Wien sehen Märkte in Gefahr und fordern mehr Gastro-Genehmigungen - Stadt verweist auf kommende Marktordnung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Rettet die Wiener Märkte", lautet eine Kampagne der Neos Wien, die Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger und Wirtschaftssprecher Markus Ornig am Dienstag präsentierten. Der Stadt Wien, insbesondere Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), warfen sie vor, mit der im Sommer getroffenen temporären Maßnahme - bei Neuzulassung keine Gastronomie mehr - die Märkte zu gefährden. "Anstatt die Gastro-Sitzplatzbeschränkung für Handelsstände zu lockern, wurde neuen Marktständen diese gleich komplett gestrichen. Damit ist für viele ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich", so Ornig. Die Märkte seien ohnehin durch das geänderte Konsumverhalten der Bürger bedroht, so Meinl-Reisinger, die Nahversorgung stehe nicht mehr im Zentrum. Es gäbe nicht genügend Spielraum für die Standler darauf zu reagieren.

Neue Marktordnung bis Anfang 2018

26 Märkte gibt es in Wien - vom Karmelitermarkt im 2. Bezirk bis zum Brunnenmarkt in Ottakring. Sie bieten neben Gemüse- und Obstständen auch Gastronomie an. Damit sich die Märkte nicht in Gastromeilen verwandeln, hatte Sima im Sommer eine, wie sie sagte, temporäre Maßnahme getroffen: Die Gastro-Bewilligungen wurden gestrichen. Eine endgültige Lösung soll es mit einer Novelle der Wiener Marktordnung geben, die Anfang des kommenden Jahres präsentiert werden soll.

Man gehe nicht nur zum Markt, um Lebensmittel zu kaufen, sondern auch, um zu essen, zu trinken und zu tratschen, sagte Meinl-Reisinger. Wie wichtig den Wienern ihre Märkte sind, belegten die Neos anhand einer Umfrage mit 555 Befragten, die sie bei Peter Hajek Public Opinion Strategies in Auftrag gegeben hatten.

Die Ergebnisse sind für die Pinken eine Bestätigung ihrer Befürchtung: 87 Prozent der Befragten meinen, dass mit dem Rückgang der Märkte auch ein großes Stück Identität verloren gehen würde. 46 Prozent sind der Meinung, dass sich die Stadtregierung nicht ausreichend für die Wiener Märkte und Marktstandler einsetzt. Für mehr als die Hälfte ist zwar der Einkauf von Lebensmitteln der Hauptgrund für den Marktbesuch, 87 Prozent der Befragten stimmen aber zu, dass es an Marktständen auch weiterhin erlaubt sein soll, Essen und Trinken zu konsumieren. Und 67 Prozent der Befragten wünschen sich ein vielfältigeres Angebot.

Gefordert wird von den Pinken daher die Öffnungszeiten zu flexibilisieren. "Wer möchte, soll auch sonntags oder abends länger geöffnet haben können", so Ornig. Das könnte sogar laut Neos unabhängig von den bestehenden Regeln im Handelsbereich umgesetzt werden. Wobei man sowieso für die generelle Sonntagsöffnung sei, ergänzte Meinl-Reisinger.

Um die Nutzung gepachteter Standplätze als billige Lagerflächen hintanzuhalten, sollen diese künftig bei einem Betreiberwechsel innerhalb von sechs Monaten als Verkaufsfläche genutzt werden müssen, führte Ornig weiter aus.

Um all das zu ändern, müsste die Marktordnung modernisiert und die Gastro-Nebenrechte gelockert werden. Das Nebenrecht gab bisher Betreibern, die keine eigentliche Gastronomielizenz hatten, die Möglichkeit, direkt am Stand Kunden an bis zu acht Sitzplätzen zu bewirten. Anstatt zu lockern, ortete Meinl-Reisinger "eine Aktion scharf". Sie berichtete von einem Standinhaber, der zu 2000 Euro Strafe verdonnert worden sei, weil er an einem Samstag um drei Sitzplätze zu viel angeboten habe.

Lange Nacht der Märkte soll mehr Besucher anlocken

Eine weitere Idee sei, freie Flächen für Streetfood-Start-ups zur Verfügung zu stellen. Wechselnde Angebote würden mehr Besucher anlocken. Auch eine "Lange Nacht der Märkte" sollte es geben, um die Märkte zu öffnen. Unterstützung bekamen die Neos vom grünen Marktsprecher Rüdiger Maresch. Er sprach sich ebenfalls für eine Ausweitung der Verabreichungsplätze auf bis zu 15 aus und trat für großzügigere Öffnungszeiten ein. Allerdings sei für ihn der Sonntag tabu.

Maresch will darüber hinaus dem "Ablösewucher" bei Neuübernahmen Einhalt gebieten. Derzeit höre man von bis zu einer Million Euro für Bestlagen wie den Naschmarkt. Auch die Standgebühren seien unfair. "Am Naschmarkt zahlt man 7,88 Euro pro Quadratmeter, am Schwendermarkt, der nahe am Abgrund steht, 6,25 Euro. Das geht so nicht." Die Grünen wollen die von Sima angekündigte neue Marktordnung schnell unter Dach und Fach bringen. Sie habe bereits Vorschläge für Ende November angekündigt, so Maresch.

In Simas Büro hieß es kurz, dass das neue Regelwerk in Arbeit sei und im kommenden Jahr fertig werde. Abgeordneter Erich Valentin (SPÖ) warf den Neos vor, durch ihren "neoliberalen Traum" die Märkte zerstören und reine Fressmeilen aus ihnen machen zu wollen.