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Der Witz mit dem Witz

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der österreichische Dichter Hermann Hakel war auch ein Experte in Sachen Jüdischer Witz. Hakel unterschied zwischen dem feinen Jüdischen Witz und dem antisemitischen Judenwitz. Der Jüdische Witz, so Hakel, enthält Weisheit, er reflektiert Lebensumstände und jüdische Lebensart; er ist ein Witz unter Juden. Der Judenwitz hingegen ist ein Witz über Juden und illustriert antijüdische Vorurteile.

Am Montag flimmerte über die Infoscreens der Wiener Straßenbahnen folgender Witz: "Was ist ein jüdisches Dilemma? - Gratis Schweinefleisch."

Abgesehen davon, dass diesem Witz die Grundbedingung des Witzes abgeht, nämlich witzig zu sein: Der typisierte Jude (es ist von "jüdischem Dilemma" die Rede, nicht von einem individualisierten Dilemma) ist in diesem Witz also knausrig, geizig, er will alles umsonst haben - nur das Schweinefleisch ist wegen der Speisegesetze ein Problem. Und die werden, quasi zum Drüberstreuen, auch gleich lächerlich gemacht. Es ist ein "Witz", der nicht unter Juden erzählt wird, sondern eindeutig über Juden. Es ist ein Witz über eine Minderheit. Und das in einem Wiener öffentlichen Verkehrsmittel.

Da fragt man sich, was als Nächstes kommt? Witze über Muslime? Behindertenwitze?

Der Witz am - guten - Witz ist, dass er Geschmack und Takt kennt und vor allem: dass er immer ein Körnchen Weisheit enthält.

Die Wiener Linien jedenfalls sind mit ihrem Judenwitz am Jüdischen Witz gescheitert. Schuster, bleib bei deinem Leisten: Wie wär’s mit Schwarzfahrerwitzen?

Dazu teilen die Wiener Linien mit:

Die Gewista ist zuständig für die Infoscreens und hat uns
dazu auch ein Statement geschickt:

"INFOSCREEN ist sich der Verantwortung als Sender im
öffentlichen Raum sehr bewusst. Wir
berichten neutral, unabhängig und überparteilich. Die Redaktion bekennt sich
zum demokratischen Rechtsstaat. Sie tritt ein für den Gedanken der Humanität
und der Toleranz und die Grundsätze der individuellen Freiheit und der sozialen
Gerechtigkeit.<p class="MsoNormal">Selbstverständlich
hat Antisemitismus keinen Platz in unserem Programm.

Der von Ihnen
genannte Spot ist eine Werbung der Israelitischen Kultusgemeinde für das ,Festival der jüdischen Kultur'.

Der Absender ist
im Spot durchgängig ersichtlich."