Weniger Wirtschaftswachstum, mehr Arbeitslose und kaum Besserung in Sicht.
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Wien. Der Aufschwung kommt und kommt nicht. Die Nationalbank (OeNB) hat ihre Wachstumsprognose für Österreich - so wie derzeit alle Wirtschaftsinstitute - deutlich nach unten gesenkt. Heuer ist die Wirtschaft um nur 0,4 Prozent gewachsen. Im August war noch von 0,9 Prozent die Rede. Im vierten Quartal dieses Jahres hatte Österreich sogar ein Nullwachstum.
Die Prognose gibt wenig Hoffnung auf Besserung im kommenden Jahr. Da soll die Wirtschaft nämlich um nur 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. "Österreich bleibt im Wachstum hinter dem Euro-Raum", sagte OeNB-Governeur Ewald Nowotny am Freitag vor Journalisten. Wenn die Konjunktur nicht bald in Schwung kommt, wird es für Österreich schwer werden, seine Budgetziele einzuhalten und keine neuen Schulden zu machen.
Niedrige Exportrate
Ein Grund für das niedrige Wachstum ist der schwächelnde Welthandel. "Europa ist die Schwachstelle der Weltwirtschaft", sagt Nowotny. Mit 0,8 Prozent sind die Exporte im Euroraum deutlich weniger gestiegen als beispielsweise in den USA (plus 2 Prozent). Österreichs Exportzuwächse bleiben sogar unter dem EU-Durchschnitt. Einerseits ist das auf die Russland-Krise und die weniger starke Nachfrage in Osteuropa zurückzuführen. Anderseits verliert Österreich Marktanteile, weil die heimischen Produkte im internationalen Preiswettbewerb stehen und vergleichsweise teurer sind. Außerdem wirkt sich das niedrige Wachstum in Deutschland - Österreichs wichtigster Handelspartner - negativ auf die heimische Wirtschaft aus.
Hinzu kommt, dass das Investitionsklima hierzulande kein gutes ist. Betriebe nehmen wegen der unsicheren und schwer vorhersehbaren Absatzchancen im In- und Ausland weniger Geld für Investitionen in die Hand, was das Wachstum dämpft. "Das bereitet uns wirklich Sorgen", sagt Doris Ritzberger-Grünwald, Leiterin der Hauptabteilung Volkswirtschaft in der OeNB. Die Inflationsrate dürfte sich laut Notenbank in den kommenden zwei Jahren um die 1,5-Prozent-Marke einpendeln. Auch beim Konsum sind die Österreicher sparsamer. Größter Wachstumstreiber ist der Dienstleistungssektor - vor allem wegen der steigenden Einnahmen im Tourismus. Nowotny warnt davor, den Industriestandort Österreich durch strenge Umweltauflagen und hohe Energiekosten zu belasten. Er fordert von der Politik mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, um den Standort attraktiver zu machen.
Außerdem fordert er eine Wohnbauoffensive, welche die Konjunktur wieder etwas in Schwung bringen könnte. "Die Bevölkerung wächst und wir brauchen mehr Wohnraum. Was wir aber sehen, ist, dass der Bau zurückgeht", sagt Nowotny. Als möglichen Anreiz für Investitionen sieht der Notenbanker das Maßnahmenpapier von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: Durch Haftungsübernahmen für Betriebe seitens der Mitgliedstaaten sollen Investitionsanreize für Unternehmen geschaffen werden. Dafür will die EU jetzt Geld in die Hand nehmen.
Arbeitslosigkeit weiter steigend
Wenig Erfreuliches auch auf dem Arbeitsmarkt. Geht es nach den Prognosen der Notenbank, wird die Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr auf 5,3 Prozent weiter steigen. Derzeit liegt sie bei 4,9 Prozent. Zwar ist die Erwerbsquote leicht steigend, aber das Angebot an Arbeitskräften, die beschäftigt werden müssen, wird größer; einerseits durch den Anstieg des Pensionsantrittsalters, anderseits durch die Einwanderung. Von einer Rezession will die Notenbank noch nicht sprechen, eher von einer "Erholung in kleinen Schritten". Ab 2016 soll es mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent des BIP wieder zu einem ersten Aufschwung kommen.
Aber nachdem die Wachstumsprognosen für Österreich und den gesamten Euro-Raum in der jüngsten Vergangenheit immer wieder nach unten korrigiert wurden, muss man sich die Frage stellen, ob die Wachstumshoffnungen für die nahe Zukunft berechtigt sind. "Das Wachstum könnte auch ausbleiben. Das hängt auch von psychologischen, geopolitischen Effekten ab, alles ändert sich sehr rasch", räumt Ritzberger-Grünwald im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" ein. Derzeit gebe es aber noch keine Hinweise auf eine dauerhafte Rezession. Christian Keuschnigg vom Institut für Höhere Studien meint dennoch, dass man langsam darüber diskutieren müsse, was passiert, wenn sich die Wirtschaft nicht erholt und Österreich in eine lang anhalten Rezession schlittert.
Budgetziele unter Druck
All diese Dinge bringen die Budgetpläne der Regierung unter Druck. "Das Jahr 2015 wird eine Herausforderung. Es braucht Budgetdisziplin in allen Ressorts", sagt Johannes Frischmann, Sprecher des Finanzministers, zur "Wiener Zeitung". Die Hypo-Abwicklung belastetet den Staatshaushalt mit zusätzlich sechs Prozent des BIP und lässt die Schuldenquote 2014 auf 85,6 Prozent steigen. Das Finanzministerium geht sogar von 87 Prozent aus. Für 2015 wird mit einer niedrigeren Schuldenquote von 84,6 Prozent gerechnet. Trotzdem ist man im Finanzministerium zuversichtlich, dass man die mit Brüssel vereinbarten Budgetziele erreichen werde. Der Finanzminister hält auch am versprochenen strukturellen Null-Defizit für 2016 fest, also keine neuen Schulden.
Wenn die Konjunktur aber nicht in Schwung kommt, könnte es mit dem Null-Defizit eng werden. Die OeNB geht von einem Budgetdefizit von 1,6 Prozent des BIP für das Jahr 2016 aus und rechnet auch mit einem strukturellen Defizit von 0,8 Prozent. Also etwas mehr als die nach Maastricht definierten 0,45 Prozent. Die Budgetziele seien deshalb nur mit weitreichenden strukturellen Einsparungen zu erreichen, so die OeNB.