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Der Wolf auf dem Wahlzettel

Von Vilja Schiretz

Politik
© David Miklas

Das Landesverwaltungsgericht hat weitere Abschussbescheide für Wölfe zurückgewiesen.


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Sie tragen klingende Namen wie 108MATK oder 121FATK, reißen Schafe und beschäftigen die Tiroler Landespolitik: Sogenannte "Problemwölfe" machen den Tiroler Landwirten zu schaffen, immer wieder werden Rufe nach Abschüssen laut. Drei Wölfe dürften diesem Schicksal fürs Erste entgehen. Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) Tirol hat am Dienstag zwei Abschussbescheide zur erneuten Überprüfung an die Behörde zurückgewiesen, es sei aus dem Bescheid nicht eindeutig hervorgegangen, welche Wölfe abgeschossen werden dürften. Im Fall eines weiteren Wolfes wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde zuerkannt.

Die Tiroler ÖVP reagierte empört und denkt über eine Neufassung des Jagdgesetzes nach, um die Entnahme von "Problemwölfen" zu erleichtern. Die aktuelle Regelung lasse zu viel Raum für "zeitliche Verzögerungen und juristische Spitzfindigkeiten", sagte eine Sprecherin am Dienstag.

Auch die Neos bezeichneten die Entscheidung als "inakzeptabel", es könne nicht sein, dass die Bauern "ewig vertröstet werden". Die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP in Tirol, sprechen sich indes weiterhin für die Ausstattung der Wölfe mit einem Sender aus.

Ungeschützte Schafsherden sind eine leichte Beute

Viele Freunde hat der Wolf in der Tiroler Landespolitik jedenfalls nicht. Stattdessen sind es Tier- und Naturschutzorganisationen, die für die ungeliebten Beutegreifer regelmäßig in die Bresche springen und Abschüsse durch Beschwerden verhindern oder hinauszögern. Beim WWF will man nun abwarten, ob "das Land auf konstruktive Lösungen zurückgreift oder wieder aussichtslose Bescheide erstellt", sagt WWF-Artenschutzexperte Arno Aschauer und verweist auf die Mängel im zurückgewiesenen Abschussbescheid. Weitere Beschwerden werde man im Einzelfall prüfen. Zwar sei es grundsätzlich rechtlich möglich, verhaltensuntypische Tiere zu töten, doch ebendieses untypische Verhalten sieht Aschauer bei den Wölfen, die Tirol aktuell beschäftigen, nicht gegeben. "Der Wolf weiß nicht, welche Tiere er reißen darf und welche nicht", sagt Aschauer. Und ungeschützte Weidetiere, denen zum Teil der Fluchtreflex fehle, seien eine leichte Beute.

"Es ist verständlich, dass sich Landwirte Sorgen um ihre Schafe machen", sagt Lucas Ende, Artenschutz-Koordinator beim Naturschutzbund. Doch Abschüsse seien eine "Scheinlösung". Denn der Wolf hat sich mittlerweile wieder in weiten Teilen Europas angesiedelt, auch in österreichischen Nachbarländern wie Italien gibt es größere Populationen. Dass immer wieder Wölfe nach Österreich kommen, werde sich also nicht verhindern lassen - außer man würde die Beutegreifer in ganz Mitteluropa ausrotten. "Und das ist in der heutigen Zeit weder ethisch vertretbar noch ohne Weiteres umsetzbar", sagt Ende. Zumal Wölfe in der EU auch streng geschützt sind, woran sich trotz Forderungen aus der Tiroler Landespolitik vorerst auch nichts ändern dürfte.

Der Fokus müsse daher auf dem Herdenschutz liegen. "Das ist nicht die Alternative zum Abschuss, sondern die einzige Lösung für ein Zusammenleben mit dem Wolf", sagt Ende. In Tallagen würden Elektrozäune und -netze guten Schutz bieten, im Gebirge sei das schwieriger. Hier müssten adäquat geschultes Hirtenpersonal sowie Hirtenhunde für den Schutz der Schafe sorgen. Wenn sich Wolfsrudel permanent ansiedeln, hätten sich in anderen europäischen Ländern Herdenschutzhunde als "extrem effizient" erwiesen, die ihr Revier und damit die ihnen anvertraute Schafsherde verteidigen.

Landwirtschaftskammer ist skeptisch

In der Landwirtschaftskammer Tirol steht man diesen Vorschlägen auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" skeptisch gegenüber. Für die kleinstrukturierte Tiroler Landwirtschaft seien die Maßnahmen kostenintensiv und schwierig umsetzbar. Nicht überall erlaube die Topografie das sichere Aufstellen von Zäunen, außerdem seien diese nicht immer mit Tourismus und Freizeitwirtschaft vereinbar. Herdenschutzhunde könnten auch für Wanderer zur Gefahr werden. Und die Maßnahmen würden der "tiergerechtesten Haltungsform" ein Ende setzen, bei der sich Schafe frei auf den Almen bewegen können.

Dass Herdenschutz zur Herausforderung werden kann, zweifelt auch der Naturschutzbund nicht an. Deshalb appelliert er an die Tiroler Landespolitik, Landwirte nicht nur finanziell unter die Arme zu greifen, sondern auch die Zusammenlegung von Herden zu unterstützen, da sich Hirten sowie teure Hunde nur bei einer größeren Anzahl an Tieren rentieren.

Keine schwarz-blaue Anti-Wolf-Koalition

Auf Verwaltungsebene gäbe es laut Naturschutzbund und WWF bereits konstruktive Ansätze und Pilotprojekte in diese Richtung.

Die Politik übt sich indes weiter in scharfer Rhetorik. "Jeder Wolf ist ein Problemwolf", sagte etwa FPÖ-Obmann Markus Abwerzger im Juli. Und Anton Mattle erklärte bei seiner Kür zum ÖVP-Obmann, Großraubtiere hätten keinen Platz in Tirol. Eine schwarz-blaue Anti-Wolf-Regierung wird es dennoch nicht geben: Am Mittwoch schloss Mattle eine Koalition mit FPÖ und Abwerzger aus.