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Ausstellungen über Hexen und Folter in historischen Zeiten, aber auch immer wiederkehrende Berichte über Folterpraktiken der Gegenwart, zeigen uns drastisch, wohin die Verirrungen des menschlichen Geistes unter Berufung auf einen höheren Zweck führen können. Die Generalversammlung der UNO hat den Begriff der Folter in der 1975 verabschiedeten Erklärung über den Schutz aller Personen vor Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung folgendermaßen definiert: "Unter Folter ist jede Handlung zu verstehen, durch die einer Person von einem Träger staatlicher Gewalt oder auf dessen Veranlassung hin vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erzwingen, sie für eine tatsächliche oder mutmaßlich von ihr begangene Tat zu bestrafen, der sie oder andere Personen einzuschüchtern".
Der Ursprung der Folter ist bereits in der griechischen und römischen Antike zu finden. Sie diente schon damals als legales Mittel zur Beschaffung von Informationen oder Geständnissen. Mit der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Kaiser Konstantin verschwand die Folter im Imperium Romanum fast zur Gänze.
Im germanischen Recht gab es ursprünglich keine Folter, es herrschte wie im modernen Strafprozess das Prinzip des Zeugenbeweises. Im Laufe der Zeit veränderte sich aber die Rechtsprechung. Täter eindeutig zu überführen, war nur möglich, wenn man sie bei der Tat direkt ertappt hatte. War das nicht der Fall und leugnete der Beschuldigte, wurde die Wahrheitsfindung einem Gottesurteil überlassen. Natürlich galten auch Zeugenaussagen als Beweismittel. Ab dem späten Mittelalter verstärkte sich das Bemühen, vom Angeklagten ein Geständnis zu erhalten.
Da es nur wenige Möglichkeiten gab, die Tat zu beweisen, musste man versuchen, den Täter mit allen Mitteln zu einem Geständnis zu bewegen. Es galt der Satz: Confessio est regina probationum. Somit erhielt die Folter einen zentralen Vorrang im Ermittlungsverfahren. Der Beschuldigte musste ja am besten wissen, wie die Tat begangen wurde, er ist die sicherste Quelle der Wahrheit. Da aber ein solches Geständnis schwer freiwillig erreicht werden konnte, wurde es durch Qualen förmlich herausgepresst.
Zwar war das Geständnis nur gültig, wenn es nach, nicht während der Tortur abgelegt wurde, doch aus Angst vor wiederholten Folterungen waren zahllose Angeklagte bereit, auch Verbrechen zuzugeben, die sie tatsächlich nicht begangen hatten. Das Geständnis wurde der wichtigste Beweis im Prozess.
In den Inquisitionsprozessen gegen Hexen und Ketzer erreichte die von der katholischen Kirche angewendete Folter ihren Höhepunkt. Der Begriff Hexe ist ein Sammelbegriff, der zum Teil auf sehr altem Zauber- und Gespensterglauben beruht. Die Frau als Trägerin geheimer Macht war ein Elementargedanke vieler Völker. Die Entwicklung des Begriffes "Hexe" in seiner besonderen Bedeutung als Grundlage der großen Hexenverfolgungen und Prozesse des 15. - 17. Jahrhunderts erfolgte durch die Theologie. Schriftlich fixiert wurde in der mittelalterlichen Kirche die systematische Hexenlehre im "Malleus Maleficarum", im sogenannten Hexenhammer 1487, in dem sich die verschiedenen vorangehenden Vorstellungen zu einem Hexenbegriff verbanden. Es war spielend leicht, eine Frau, die auf dem Gebiet der Naturheilkunde größere Kenntnisse als der Durchschnitt der Frauen hatte, als Hexe denunzieren. Wenn eine Kuh erkrankte und keine Milch gab, wurde alsbald eine Frau gefunden, die man als "Stallhexe" dafür verantwortlich machte. Hatte ein Unwetter die Ernte vernichtet, war gleich eine "Wetterhexe" gefunden. Besonders gefährdet waren rothaarige Frauen. Vermeintliche Hexen wurden gebunden ins Wasser geworfen, konnten sie sich befreien, waren sie als Hexen entlarvt und wurden hingerichtet (meist verbrannt). Ist die Frau jedoch ertrunken, so war sie unschuldig und Gott hat sie zu sich geholt.
Diese Prozedur wurde "Wasserprobe" genannt. Schwangeren Hexen wurden unter unsäglichen Schmerzen die Föten abgetrieben, da diese ja "des Teufels" waren.
Ein weit verbreitetes Foltergerät war die Folterbank, die bis auf den heutigen Tag noch in vielen außereuropäischen Staaten anzutreffen ist. Im Laufe der Verhöre - es gab je nach der Intensität drei Grande - wurde das Opfer von einer Winde in die Länge gezogen.
Die "Eiserne Jungfrau", eine besonders grausame Erfindung sowohl zur Folterung als auch zur Hinrichtung, war an der Innenseite mit Eisenzacken ausgestattet, die das Opfer verletzen oder auch töten konnten. Das gebräuchlichste Gerät zur Geständniserzwingung waren ab dem 16. Jahrhundert die auch in die Alltagssprache eingegangenen Daumenschrauben. So kann man heute oft noch hören, dass man jemandem "die Daumenschrauben ansetzen wird".
Diese sollten nach der Constitutio Criminalis Theresiana aus dem Jahr 1768 als erstes Gerät bei der "peinlichen Befragung" angewendet werden. Zunächst sollte der Delinquent "mit der Folter allein geschreckt werden". Folgt kein Geständnis, dann seien "folgends die Daumenstöcke mit oder ohne Draufklopfen zu gebrauchen". Die Theresiana enthielt neben den genauen Torturvorschriften Entwürfe, wie die Geräte beschaffen sein mussten. Erwähnt sei noch der "Beichtstuhl", auch Stachelstuhl, Folterstuhl, Angststuhl. Jungferngeschoss oder Jungfernsessel genannt. Es handelt sich dabei um einen Armsessel aus Holz, der im Rücken, Sitz, auf den Armlehnen und dem Fußbrett mit Eisenspitzen versehen war.
Am weitesten verbreitet war die "Wippe", die ihren Ursprung in Südwestdeutschland haben soll und auch als "Pendel" oder "Königin der Folterqualen" bezeichnet wurde.
Dem Verdächtigen wurden die Hände auf den Rücken gebunden, hierauf ein Seil an ihnen befestigt, das über eine Rolle lief, das Justizopfer an diesem Seil langsam in die Höhe gezogen und eine Weile hängen gelassen.
Erfreulicherweise sind immer wieder aufmüpfige Kleriker gegen die Folter zu Felde gezogen, so im 17. Jahrhundert der Kölner Jesuit Friedrich von Spee, der nach Trier versetzt wurde, weil er durch seine Kritik den Jesuitenorden in Misskredit gebracht hatte.
Erst durch den Einfluss des großen Ratgebers Maria Theresias, Joseph von Sonnenfels, einem führenden Gelehrten auf dem Gebiet der "Polizeiwissenschaft" des 18. Jahrhunderts und weiterer Vertreter der Aufklärung wie C. Beccaria, Voltaire, J. Bentham und Ch. Thomasius wurde die Folter in Europa etappenweise abgeschafft.
Trotz Anti-Folter-Konvention der UNO und der vom Europarat verabschiedeten "Europäischen Anti-Folter-Konvention" gehört die Folter auch heute noch zur Alltagspraxis diverser Diktaturen in Ost und West.
Es ist das Verdienst von Amnesty International und anderer Menschenrechtsorganisationen, diese Unrechtsregime publizistisch "an den Pranger" zu stellen und durch ihren Einsatz zahlreichen Menschen das Leben gerettet zu haben. Nur das beharrliche Eintreten für den liberal-demokratischen Rechtsstaat und die Absage an alle extremen Ideologien bieten Gewähr, dass die Folter immer mehr zurückgedrängt wird.
Die Anti-Folter-Konvention der UNO
Die im Dezember 1984 von der UNO-Generalversammlung einstimmig verabschiedete Internationale Konvention der Vereinten Nationen gegen die Folter, die worden war ist am 26. Jubi 1987 in Kraft getreten.
Die Unterzeichnerstaaten der UNO-Konvention verpflichten sich, Maßnahmen zur Verhinderung von Folterpraktiken zu ergreifen und solche gerichtlich zu verfolgen. Der Wortlaut der Konvention verbietet Folter in ausnahmslos allen Situationen, selbst in Kriegszeiten oder unter Notstandsrecht. Er sieht die Möglichkeit der Auslieferung von mutmaßlich an Folterpraktiken beteiligten Personen sowie Schutz und Entschädigung von Folteropfern vor. Ein internationaler Anti-Folter-Ausschuss besteht aus zehn unabhängigen Experten; an ihn können sich Staaten wie auch Einzelpersonen wenden.
Unter Folter versteht die Konvention "jede Handlung, durch die einer Person heftige körperliche oder seelische Schmerzen zugefügt werden, um von ihr Auskünfte oder Geständnisse zu erhalten, sie zu bestrafen (...) oder sie einzuschüchtern (...)", wenn solche Schmerzen von einem öffentlichen Amtsträger oder irgendeiner sonstigen Person verursacht werden, die von Amts wegen oder auf Anstiftung durch eine Amtsstelle bzw. mit deren ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung handelt.
Der Anti-Folter-Ausschuss ist weder eine Art Gerichtshof, noch kann er Untersuchungskommissionen in das angeschuldigte Land entsenden. Er kann lediglich den beschuldigten Staat zu einer Stellungnahme veranlassen. Die Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses muss durch eine separate Erklärung des Signatarstaates bekundet werden.
Ein Zusatzprotokoll aus dem Jahre 2002 sieht jedoch regelmäßige Besuche von internationalen und nationalen Überwachungsgremien in Haftanstalten und an anderen Orten der Freiheitsentziehung vor, durch die Folter und Misshandlung verhindert werden sollen.