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Die Regierungsklausur am Semmering hat die Opposition zu allerlei Vergleichen mit dem Zauberberg inspiriert, wie eben auch das Tourismusmarketing der Alt-Wiener Sommerfrische. Nun, in Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" taucht ein Psychoanalytiker Krokowski auf, der - kurz gesagt - alle Krankheit als verwandelte Liebe bezeichnet.
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Das meinten die oppositionellen Parteien nicht. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nahm das Wort "Zauberberg" eher allzu wörtlich und sagte etwas von "fehlenden magischen Momenten". Vielleicht hat er das Buch ja auch nicht gelesen.
Der psychoanalytische Zugang würde es denn auch besser treffen. Die Regierung präsentiert sich oft als "krank" und fühlt sich wohl als zu Unrecht ungeliebt. Österreich kam deutlich besser durch die Krise als andere Länder, obwohl dies zu Beginn 2009 - wegen des hohen Osteuropa-Engagements der heimischen Wirtschaft - alles andere als sicher war. Es waren Wiener Regierungsstellen und die Nationalbank, die Linderung verschafften. Die dafür erfundene "Wiener Initiative" wird nun sogar beispielhaft für die Sanierung Griechenlands genannt. Auch der Arbeitsmarkt entwickelte sich deutlich besser als in anderen Ländern.
Die Regierung könnte eigentlich stolz auf ihre Leistungen verweisen. Stattdessen wird aus Wirtschaftskreisen Stillstand gepredigt, viele Menschen sind angefressen (auch über die diversen Korruptionsskandale hinausgehend).
Zwei wesentliche Punkte der allgemeinen Verdrossenheit liegen freilich schon in der Regierung selbst. Erstens traut sie sich nicht laut und deutlich gegen die Landeshauptleute aufzustehen - ein echter Mangel an Gestaltungswillen. Und bei der Bildung und im Spitalsbereich ist die bürokratische Verhüttelung überaus kostspielig.
Der zweite Bereich ist das Desinteresse der Regierung an ihren eigenen Leistungen. Dass Osteuropa im Vorjahr stabilisiert werden konnte, ist erheblich. Spitzenbeamte und Notenbank-Manager erledigten dies. Die Minister der Regierung interessierte das nur wenig, es wird sicherlich etliche in der Mannschaft geben, die am Semmering aufspielen, davon jedoch keine Ahnung haben. Wenn die Regierung aber nicht im Team spielt, sondern Einzelkämpfer von den anderen (auch innerhalb der Regierungsparteien) ignoriert werden, dann wird das nichts. Dann kann die FPÖ weiterhin grottenschlechte Vergleiche ziehen - und trotzdem keinen Schaden daraus nehmen.