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Der Zeitgeist der 30er Jahre

Von Manfred A. Schmid

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Zu lange hat man hierzulande der bequemen Lebenslüge gehuldigt, Hitlers erstes Opfer und damit moralisch außer obligo zu sein. In letzter Zeit aktuell gewordene Themen wie die Rückgabe von Nazi-

Raubgut in den Beständen unserer Museen, Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeit und Arisierungen haben damit radikal aufgeräumt. Mittwoch abend stand in ORF 2 die "Brennpunkt"-Dokumentation "Mörder

und Marionetten" auf dem Programm. Erschütternde Belege für die unheilvolle Komplizenschaft hochrangiger österreichischer Schreibtischtäter (Seyss-Inquart), gewissenloser Demagogen (Gauleiter

Eigruber) und klaglos funktionierender Ausführungsorgane (KZ-Kommandant Stangl) in der Vernichtungsmaschinerie des Dritten Reichs.

Da tat es wohl, im Anschluß die preisgekrönte Dokumentation "Die Unbeugsamen" von Regina Strassegger über die zur Osttiroler Gemeinde Innervillgraten gehörende Bergbauernsiedlung Kalkstein zu sehen,

die sich vor 60 Jahren dem allgemeinen Trend widersetzte: Während im österreichweiten Durchschnitt 99,73 Prozent bei der Volksabstimmung 1938 den Anschluß im nachhinein für gut hießen, waren dort

mutige 25 Prozent dagegen.

Aufschlußreich in diesem Zusammenhang auch die eben zu Ende gegangene "Radiokolleg"-Serie "Verspielte Zeit" über Österreichs Theater in den 30er Jahren. Für profunde Hintergrundinformationen sorgte

dabei Hilde Haider-Pregler, Lesern dieses Blattes als kompetente Theaterkritikerin bestens bekannt.