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Der Zuschauer, ein Depp?

Von Stefanie Holzer

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Die Verfasserin hat eine 30jährige Gewohnheit aufgegeben: Jeder durchschnittliche Abend ihrer Vergangenheit wurde mit der "Zeit im Bild 1" eingeläutet. Die ZiB war Teil der kulturellen

Bedürfnisbefriedigung. In den letzten Jahren nun traten vorerst vereinzelt, dann immer häufiger werdend, Momente des Überdrusses, der Langeweile und manchmal der Empörung auf, was in Summe eine

ernüchternde Erkenntnis zutage brachte: Die ZiB ist leider eine ziemlich schwache Sendung.

Es ist wenig interessant, wenn Reporter vor Ort anstatt zu informieren, an die Emotionen der Zuschauer appellieren. Als ob Konflikte in Jugoslawien oder sonstwo entschärft würden, wenn der Zuschauer

mit den Journalisten Trauerarbeit über die Unbegreiflichkeit der menschlichen Seele leistet. Mindestens so unaushaltbar ist es, wenn in der Einleitung zu einem Bildbeitrag der/die Moderator/in den

Inhalt des kommenden Beitrags oft wörtlich referiert. Hin und wieder sagen sie die zweimal verlautbarten Sätze im Anschluß noch ein drittes Mal · als ob man einem harthörigen, begriffstutzigen Kind

Merksätze einbläuen möchte. Der Zuschauer, so lautet offenbar die Grundannahme der Programm-Macher, ist ein Depp. Eine Sendung, die darin ihren Ehrgeiz setzt, einen übergroß fantasierten Idioten

ansprechen zu wollen, kann ohne mich auskommen. Dieses Wissen sickerte langsam ein, doch nun ist es vollbracht: Ich bin seit 14 Tagen clean!