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Derbe Sprüche und Noblesse

Von Peter Plaikner

Analysen

Salzburg übt sich in Zurückhaltung. | Kärntner nutzen den Fasching. | SPÖ-Kärnten fast gleichauf mit BZÖ. | Seid ihr alle da? Das Gala-Tanzereignis im Kärntner Fremdkörper Alpen-Adria-Universität beginnt so vollzählig wie der traditionelle Kinderfasching im Klagenfurter Konzerthaus. Spitzenpolitiker aller Parteien narren und schunkeln sich durch einen Wahlkampf, der Einzigartigkeit für sich verbuchen kann.


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Nirgends sonst in Österreich wird ein Land derart gnadenlos niederplakatiert. Nirgends sonst sind die Zeitungen so viele Wochen voll von Politwerbung. Kärnten ist anders. In Villach lässt der rote Bürgermeister Helmut Manzenreiter hunderte Plakate entfernen - unter anderem die der eigenen Partei. In Klagenfurt will es ihm sein schwarzer Amtskollege Harald Scheucher nachmachen. Ob nur die Landtags- oder auch die Gemeinderats-Wahlwerbung betroffen ist, bleibt offen.

Derweil vermengt die orange Konkurrenz ihren Slogan "Garantiert!" schamlos in Anzeigen des Landes und des BZÖ. Und was beim blauen Spitzenkandidaten - M für Mario - MCanori noch nach quasi-pfiffiger Anleihe beim US-Wahlverlierer wirkt, entlarvt sich beim Klagenfurter FP-Spitzenkandidaten - S für Stefan - SPetschnig als schwachsinnig plakativer Hinweis auf die Parteikonkurrenz.

Jenseits der durchschaubaren Übungen der Selbstbeschränkung in Villach und Klagenfurt gehorcht das Land dem Diktat von Stefan Petzner, der eine Renaissance der Plakatwerbung einläutet. Er selbst ist nicht im Bild und die orange Dreieinigkeit von Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch sowie Harald Dobernig zwar brüchig aber omnipräsent im Kärntner Anzug.

Unterdessen liegen die etwas eigenwilligen Sozialdemokraten im Karawankenland trotz Spitzenkandidat Reinhart Rohr laut jüngsten Umfragen schon nahezu gleichauf mit jener "Zukunft Österreich", die neben "Die Freiheitlichen in Kärnten" auch Urvater Jörg Haider im Listennamen bemüht.

Wer heute das tief verschneite Land verlässt, wundert sich bloß über die fehlenden Wahlplakate im Katschberg-Tunnel, in dessen Norden nicht bloß infolge Föhns bald alles aper und ganz anders ist.

Statt zufällig und kalkuliert wie der Nachbar kürt Salzburg am 1. März ganz planmäßig den Landtag und alle Gemeinderäte inklusive Hauptstadt am gleichen Tag. Doch es wirkt wie Skandinavien gegen Italien in der Temperatur der politischen Auseinandersetzung. Die vielgerühmte Volksnähe der Gabi gipfelt zwar in Landeshauptfrau Burgstallers Vorpreschen zu einer rotblauen Option, die eher ihrem als noch populistischer eingeschätzten Parteifreund Erich Haider in Oberösterreich zugetraut wurde. Doch das Aufheulen der Mitbewerber hält sich in Grenzen.

Man trifft sich zum Kreuzverhör der "Salzburger Nachrichten": "Was tun Sie für Stadt und Land?", fragen sie die Hauptfrau und ihre Herausforderer Wilfried Haslauer (ÖVP), Karl Schnell (FPÖ) sowie Cyriak Schwaighofer. Letztlich erscheint aber ausgerechnet der chancenärmste Grüne am interessantesten, weil er gerade noch Johannes Voggenhuber einen Listenplatz bei der Europawahl im Juni verschaffen wollte.

Wahrer Wahlkampf sieht anders aus. Das hier wirkt wie die Noblesse der Salzburger Festspiele neben den derben Scherzen des Kärntner Faschings. Die SP liegt in Umfragen konstant um 40 Prozent und vor der VP. Den Paarlauf stört bloß der trachtig gewandete Schnell, der sich langsam aber doch in Richtung Koalitionsfähigkeit stilisiert.

"Nach der Wahl ist vor der Wahl" erhält hier eine neue Bedeutung: In Oberösterreich, wo das schwarzrote Verhältnis genau umgekehrt ist, lauern sie bereits auf einen Salzburger Tabubruch in der Koalitionsbildung nach dem 1. März. Nicht alles beginnt in Linz.

Der Autor ist Medienexperte und Politikanalyst.